"Die größte Sicherheitsmaßnahme ist, dass Kinder wissen, dass etwas passieren kann", erklärt Anna Schwitzer, Leiterin des Kinderschutzzentrums Wien.

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Vor Wiener Schulen kam es in den vergangenen Wochen zu bedenklichen Vorfällen. In drei Fällen wurden Kinder im 14. und 16. Bezirk von Fremden angesprochen. In einem Fall sollen Kinder von einem Mann dazu gedrängt worden sein, in einen Lieferwagen einzusteigen. In den anderen beiden Fällen soll versucht worden sein, die Kinder am Arm zu packen, wie der Falter zuerst berichtete. Die Polizei bestätigte dies auf STANDARD-Nachfrage. Demnach sei das zuständige Stadtpolizeikommando in Kontakt mit den Direktionen und Elternvertretern. Zudem gebe es rund um die betroffenen Schulen mehr Streifen. Wie aber können Eltern ihre Kinder auf derartige Situationen vorbereiten?

"Keine Panik erzeugen"

"Das Wichtigste ist, mit Kindern zu sprechen", sagt Anna Schwitzer, Leiterin des Kinderschutzzentrums Wien, zum STANDARD. Das Zentrum bietet Hilfe und Beratung bei Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Eltern sollten Kindern in aller Ruhe erklären, dass Menschen nicht immer gute Absichten haben und sie keinesfalls, egal was ihnen versprochen werde oder wen die Person zu kennen behaupte, mitgehen dürfen, sagt Schwitzer. Man könnte etwa erklären, dass es Menschen gibt, die Kinder schrecken wollen oder "mit ihnen kuscheln wollen", sagt die Psychologin. Dabei sei es aber wichtig, Kinder nicht zu überfordern und keine Panik zu erzeugen.

Selbstverteidigungskurse

Es gehe nicht darum, Angst hervorzurufen. Das Ziel sei es, Kinder zu sensibilisieren. "Die größte Sicherheitsmaßnahme ist, dass Kinder wissen, dass etwas passieren kann", erklärt Schwitzer. Daher biete es sich an, gerade jetzt, nach dem Bekanntwerden der Vorfälle in Wien, derartige Gespräche aufzufrischen. In Kombination zu den aufklärenden Gesprächen würde sich auch ein Selbstverteidigungskurs anbieten. Schon in der Volksschule könnten Kinder so lernen, entsprechend zu reagieren, wenn persönliche Grenzen überschritten werden. Als einzige Maßnahme sei ein solcher Kurs aber nicht ausreichend, da sich Kinder womöglich in trügerischer Sicherheit wiegen würden. Etwas, was Schwitzer jedenfalls Kindern rät, wenn sie in unangenehme Situationen kommen: weglaufen, Zuflucht in einem Geschäft suchen oder andere Erwachsene ansprechen und auf die Situation aufmerksam machen.

Gesprächsräume schaffen

Eltern sollten zudem versuchen, einen Raum zu schaffen, in dem über unangenehme Situationen gesprochen werden kann, empfiehlt Schwitzer: "Es ist sehr wichtig, sich Zeit zu nehmen, sich mit dem Kind hinzusetzen, Ruhe zu vermitteln und zu fragen, was dem Kind durch den Kopf geht." Sie rät, dies etwa vor dem Schlafen oder beim gemeinsamen Essen zu machen. Wichtig sei auch nachzufragen, wenn das Kind belastet wirkt: "Dass unsere Kinder gehört werden, liegt an uns Erwachsenen."

Doch nicht nur zu Hause sollte ein solcher Raum geschaffen werden, auch die Schulen sollten mit Kindern über potenzielle Gefahren sprechen und vermitteln, dass Schülerinnen und Schüler mit Pro blemen an Lehrkräfte herantreten können. Weiters bieten Vereine Präventionsworkshops an, die an Schulen abgehalten werden können. (Sophie Mooseder, 15.2.2023)