Nicht alles, was im gelben Sack landet, gehört dort wirklich rein. In Sortieranlagen werden verwertbare Kunststoffe von etlichen falsch entsorgten Stoffen getrennt.
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Ein üblicher Supermarkteinkauf führt zu einer beträchtlichen Menge verschiedener Kunststoffverpackungen und zur Frage: Kann man diese verschiedenen Materialien überhaupt wiederverwerten? Antworten liefert der Lokalaugenschein in der Kunststoffsortieranlage der Firma Saubermacher in Graz. Eben hat ein Lkw einen Berg gelber Säcke abgeladen, die nun in der Input-Halle liegen. Mit einem großen Bagger werden die Säcke in den Sacköffner geschaufelt, dabei verheddert sich ein Christbaumnetz, das der Fahrer mühsam entfernen muss.

Das Netz in den gelben Sack zu geben war gut gemeint, schließlich ist es aus Polyethylen und laut Herstellerangabe recycelbar. Doch es verursacht Probleme in der Sortieranlage. Auf dem Förderband liegen Teppichreste, ein kaputter Papierkorb, Einweghandschuhe. Das alles sind Kunststoffe, aber keine Verpackungen, sie gehören ins Abfallsammelzentrum. Denn die Sammlung des gelben Sacks wird über Lizenzgebühren der Inverkehrbringer von Verpackungen finanziert.

Kuriose Störstoffe

Leider landen auch andere Störstoffe im "gelben" Abfall, erzählt Reinhard Fasching, Produktionsleiter der Sortieranlage: Restmüll, tote Haustiere, Spielzeug und elektronische Geräte samt Batterien. Erstere sind unangenehm für das Personal, Letztere gefährlich, weil beschädigte Akkus einen Brand verursachen können. Die losen Abfälle fahren auf Förderbändern durch verschiedene Siebe.

Mit einem ballistischen Separator werden Folien von Flaschen und Bechern getrennt, mit Nahinfrarot die verschiedenen Materialien erkannt und mit einem Druckluftstoß ausgeschleust. Zwölf verschiedene Kunststofffraktionen inklusive Tetrapak und zwei Metallfraktionen – Eisen sowie Nichteisenmetalle – können automatisch sortiert und dann an verarbeitende Firmen für neue Produkte verkauft werden.

Am Ende braucht es noch geschulte Augen und flinke Hände von Beschäftigten, die aus der PET-Fraktion die Essig- und Ölflaschen und aus den Folien das recycelbare Polyethylen herausziehen. Das können Maschinen bislang nämlich noch nicht.

Vieles wird automatisch sortiert, doch auch manuell muss mitgeholfen werden. Je nach Größe der Anlage wird auch mit unterschiedlich schwerem Gerät gearbeitet, um den Müll zu verwerten.
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Viele Schichten, vielschichtige Probleme

Nicht recycelbar sind Verbundstoffe wie jene, in denen aufgeschnittene Wurst oder Käse verpackt sind, oder metallbeschichtete Folien. Die verschiedenen Materialien, aus denen sie bestehen, können nicht aufgetrennt werden. 46 Prozent des Materials, das zur Sortieranlage kommt, kann stofflich wiederverwertet werden, 40 Prozent dienen noch als Ersatzbrennstoff, etwa für die Zementindustrie, zeigt die Bilanz der Firma Saubermacher. 14 Prozent sind Fehlwürfe wie Glas, Metalle und PVC, die verwertet werden können.

Das größte Problem ist aber das, was nicht in der gelben Tonne landet, sondern im Restmüll. Diese Materialien enden in der Müllverbrennung und sind für das Recycling verloren. Ab dem Jahr 2025 müssen mindestens 50 Prozent der Kunststoffverpackungsabfälle recycelt werden, ab 2030 mindestens 55 Prozent. So lautet die Vorgabe aus dem EU-Kreislaufwirtschaftspaket. Das bedeutet, dass Österreich die Sammlung und Verwertung von Kunststoffen in weniger als zwei Jahren verdoppeln muss. Seit 1. Jänner 2023 müssen alle Haushalte Leichtverpackungen aus Kunststoffen in die gelbe Tonne oder den gelben Sack geben.

Um die Recyclingquote von 50 Prozent zu erreichen, müssen 80 Prozent aller Leichtverpackungen gesammelt, daraus 80 Prozent heraussortiert und im Recycling 80 Prozent Ausbeute erzielt werden, hat die Altstoff Recycling Austria AG (ARA) ausgerechnet. Statt bei "80 x 80 x 80" stehen wir heute aber erst bei "58 x 58 x 78". Die Steigerung soll durch Digitalisierung erreicht werden: Die Firma Saubermacher setzt auf Kameras und künstliche Intelligenz, um mehr Verwertbares heraussortieren zu können.

App gibt Entsorgungsfeedback

Die ARA, der Grüne Punkt und die Umwelttechnikfirma Bernegger errichten im Hafen in Enns eine Hightech-Sortieranlage für Leichtverpackungen. Rund 100.000 Tonnen Abfälle sollen dort pro Jahr sortiert werden können. Die Behandlung entsorgter Kunststoffe steht auch im Zentrum eines Forschungsprojekts, das von der Johannes-Kepler-Universität Linz geleitet wird. 25 Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft versuchen darin, das mechanische Recycling von Kunststoffen zu verbessern. Ergebnisse sollen im Frühjahr 2026 vorliegen.

Um die Mülltrennung in den Haushalten zu verbessern, wurde von Saubermacher ein Scanner entwickelt, der bei der Entleerung der Tonnen ins Müllfahrzeug Fehlwürfe erkennt und über eine App Feedback an die Haushalte gibt. 10.000 Haushalte in der Steiermark haben bisher am Pilotversuch teilgenommen. Deren Restmüllmenge sei um fünf Prozent gesunken, sagt Bernadette Triebl-Wurzenberger, Nachhaltigkeitskoordinatorin der Firma Saubermacher.

Um die Recyclingziele zu erreichen, sei aber ein generelles Umdenken in Richtung "Zero Waste" nötig. "Wir brauchen ein auf Recycling ausgelegtes Design, damit Verbundstoffe, die man nicht auseinanderdröseln kann, gar nicht erst hergestellt werden." Im November ging der Hans-Roth-Umweltpreis, gestiftet vom Saubermacher-Firmengründer, an Caroline Roithner von der TU Wien für eine von ihr entwickelte Bewertungsmethodik für die Recyclingfähigkeit von Produkten.

In Sortieranlagen für Kunststoffe gibt es für Menschen und Maschinen viel zu tun.
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Kleider machen Schwierigkeiten

Eine große Herausforderung für Forschung und Entwicklung wird eine zweite Zielvorgabe der EU: Ab 2025 müssen alle Textilabfälle getrennt gesammelt und verwertet werden. In Österreich werden Alttextilien derzeit hauptsächlich von karitativen Organisationen gesammelt, die sich in erster Linie für brauchbare Kleidung und Heimtextilien interessieren. Aus nicht mehr brauchbaren werden teils Putzlappen oder Dämmstoffe erzeugt, der Rest wandert in die Müllverbrennung. Wie die Sammlung und Verwertung in Zukunft organisiert werden soll, wird noch diskutiert.

Eine Schwierigkeit bei der Verwertung sind auch hier Verbundstoffe. Denn vom T-Shirt bis zur Funktionskleidung bestehen Textilien meist aus mehreren Materialien. An der TU Wien wird daher zum Recycling multimaterialer Textilabfälle geforscht. Gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung wurde eine Strategie zur Wiederverwertung von Polyester-Baumwoll-Geweben entwickelt: Mittels Enzymen wird die Baumwolle herausgelöst, das verbleibende Polyester kann zu neuem Garn gesponnen werden. (Sonja Bettel, 10.3.2023)