Jane Fonda mit ihrer bevorzugten Geste und in der Protestfarbe Rot. Nach dem Sieg gegen den Krebs letztes Jahr ist die aktivistische Schauspielerin wieder voll im Einsatz.

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Als Starlet reckte Fonda noch die Hand, um ein Auto anzuhalten. Später tat sie es als Geste des Protests.

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"Werde niemals träge" lautete ein Ratschlag der Hollywood-Ikone Katherine Hepburn an Jane Fonda. Das hat sich Fonda zu Herzen genommen. Trägheit ist ihrem Wesen fremd, sie gibt immer alles. In jüngster Zeit als Aktivistin der Klimabewegung. "Fire Drill Fridays" heißen die von ihr organisierten Proteste. Immer tritt sie dort in Rot auf. Es ist also gut möglich, dass sie auch am Wiener Opernball, bei dem sie auf Einladung Richard Lugners gastiert, in der Protestfarbe erscheint.

Den Ratschlag Katherine Hepburns bekam Fonda während des Drehs von Am Goldenen See. Das besondere an dem Film ist denn auch, dass man zurückschauen darf auf die kleine, sensible Jane, die um die Aufmerksamkeit ihres Vaters heischt. Denn der Film lehnt sich an die komplizierte Beziehung zwischen Fonda und ihrem Vater, dem legendären Hollywoodstar Henry Fonda, an. Sie suchte Bestätigung und Liebe, er enthielt ihr beides vor. Am Goldenen See gewann 1982 nicht nur zwei Oscars für Henry Fonda und Katherine Hepburn, er ermöglichte der Tochter auch, ihrem Vater zu verzeihen.

Jane, die unsichere Tochter

Fonda wuchs zwar als privilegierte Tochter berühmter Eltern auf, doch ganz so unbeschwert waren ihre ersten Jahre und der Einstieg ins Schauspielfach nicht. Die Mutter, Frances Ford Seymour, beging Selbstmord, als Jane und ihr kleiner Bruder Peter zwölf und zehn Jahre alt waren. Der kühle Vater prägte Fondas Körperbild durch seine Vorliebe für sehr schlanke Frauen. Ihr Äußeres kommentierte er nur, wenn er sie zu dick fand. Als Teenager im Internat folgten dann die Abnehmpillen, exzessives Balletttraining und der Beginn einer Jahrzehnte andauernden Bulimie.

Nach der Schule war Fonda orientierungslos. Erst durch die Schauspielstunden bei Lee Strasberg (ja, hier ist das Privileg) fühlte sich Fonda gesehen. Ihre ersten Filmrollen im Hollywood der 1960er-Jahre waren die der frechen Blonden in Komödien. Ihr Durchbruch kam 1965 mit Cat Ballou, worin sie Brigitte Bardot zum Verwechseln ähnlich sieht.

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Logisch fast, dass Fonda nach Frankreich ging, um Roger Vadim, den Ex-Mann der Bardot, zu heiraten. Er machte sie zur Weltraum-Sexbombe Barbarella (1968) und zur Mutter. Doch als Amerikanerin im Paris von 1968 kam die junge Mutter bald in Erklärungsnot und wurde, da sie sich den Vietnamkrieg eben nicht erklären konnte, Aktivistin.

Jane, die forsche Aktivistin

Zurück in den USA, vereinnahmte die Anti-Vietnam-Bewegung ihr Leben. Den passenden Mann dazu fand sie im Bürgerrechtler Tom Hayden. Auch ihre Filmkarriere nahm eine Wendung: Für ihre Rolle einer Tanzwütigen während der Ära der Depression in Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss (1969) erhielt sie eine Oscarnominierung und ein Lob der strengen Filmkritikerin Pauline Kael. Fonda hätte sich vom "charming, witty nudie cutie" (charmant-gewitztem Nacktfilm-Häschen) zur ernstzunehmenden Schauspielerin gemausert. "Sie gibt alles, mit großer Intensität." Wie richtig Kael doch lag.

Die Darstellung eines Callgirls in Klute bescherte Fonda ihren ersten Oscar. Wieder schwärmte Kael und attestierte ihr eine "besondere Art von Cleverness; sie ist allen immer ein wenig voraus, und dieser schnellere Takt – diese schnellere Reaktionsfähigkeit – macht es noch spannender, ihr zuzusehen".

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Mit Klute-Co-Star Donald Sutherland ging Fonda anschließend auf Anti-Vietnam-Revue, woraus ihr erster selbstproduzierter Film FTA – Befreit die Armee entstand. Sie engagierte sich auch in der Frauen- und der Bürgerrechtsbewegung. 1972 reiste sie nach Nordvietnam, ließ sich dort in einer Fliegerabwehrkanone fotografieren, was ihr den Schmähnamen "Hanoi Jane" einbrachte und sie zeitweise zur meistgehassten Frau der USA machte. Auch von links kam Häme. Jean-Luc Godard, mit dem sie 1972 Tout Va Bien drehte, ließ es sich nicht nehmen, sich in seinem Essayfilm Letter to Jane überheblich über Fondas Aktivismus lustig zu machen.

Jane, die sportliche Moderate

Fonda selbst behagte die Rolle der Verhassten nicht. Sie machte sich mithilfe publikumsfreundlicher Filme mit sozialen Anliegen daran, sich neu zu erfinden. Mit dem Veteranendrama Coming Home (1978) oder der Emanzipationskomödie Nine to Five (1980), etwa. Und natürlich als Aerobic-Queen. Die Workoutvideos finanzierten anfangs soziale Anliegen und halfen ihr über die Essstörung hinweg. Später wurde daraus eine neue Art der Obsession, in die sie hineinschlitterte, wie in die Ehe mit CNN-Gründer Ted Turner.

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Während ihrer letzten Ehe zog sie sich aus Hollywood zurück, bis sie 2005 als Schwiegermonster ihr Comeback feierte. Seither ist Fonda aktivistisch und filmisch wieder da. Klimapolitik ist nun das zentrale Anliegen der 85-Jährigen. In ihren Filmen rückt sie, abermals als Produzentin, die höheren Semester ins rechte Licht und holt Bekannte wie Lily Tomlin, Sally Fields oder die 91-jährige Rita Moreno vor die Kamera.

Eine ihrer schönsten Rollen der letzten Jahre war die in Paolo Sorrentinos Ewige Jugend. Als alternde Filmdiva hält sie dem nostalgischen Regisseur Nick (Harvey Keitel) eine Standpauke: "Ich verstehe Kino. Du verstehst es nicht, denn du bist alt." Und man glaubt ihr sofort, denn Jane Fonda hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, im allerbesten Sinne jung zu bleiben. (Valerie Dirk, 15.2.2023)