Die zypriotische Firma MKAO Rasperia klagte die Strabag, weil diese die Dividendenzahlungen an den Teileigentümer Rasperia eingestellt und Thomas Bull als Aufsichtsrat entfernt hatte.

Foto: APA/HERBERT P. OCZERET

In Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erwog Polen im Vorjahr Sanktionen gegen die Strabag SE, Österreichs größten Baukonzern und einen der wichtigsten in Europa. Das berichtete Thomas Birtel, bis Ende 2022 Vorstandschef der Strabag, bei einer Gerichtsverhandlung in Klagenfurt. Aus heutiger Sicht sei die Gefahr von Sanktionen "nicht gebannt, sondern muss weiterhin stetig beobachtet werden", sagte Birtel.

Der Hintergrund: Polen hat, unabhängig von den EU-Sanktionen gegen Russland, auch noch eigene Sanktionen gesetzt. Die Strabag geriet dabei wegen ihrer Eigentümerstruktur ins Visier der polnischen Regierung: 27,8 Prozent des Baukonzerns gehören der zypriotischen Firma MKAO Rasperia, die vom russischen Großindustriellen und Putin-Vertrauten Oleg Deripaska kontrolliert wird, der seinerseits selbst den EU-Sanktionen unterliegt.

Knapp 30 Prozent gehören Deripaska

Die Situation in Polen sei im Vorjahr "außerordentlich emotional" gewesen, berichtete Birtel. Die polnische Regierung habe gefürchtet, dass Russland über den Deripaska-Konnex Einfluss auf die Strabag nimmt. Polen ist hinter Deutschland und Österreich der drittwichtigste Markt für die Strabag mit rund 6.000 Mitarbeitern im Land. "Überwiegend sind wir dort mit öffentlichen Aufträgen befasst." Sie würden im Fall von Sanktionen aufgekündigt, "der Schaden wäre nicht reparabel".

Polen nahm schließlich von den Sanktionen gegen den Baukonzern Abstand, weil die Strabag Thomas Bull aus dem Aufsichtsrat abberief – das ist jenes Aufsichtsratsmitglied, das von Deripaskas Rasperia entsandt worden ist.

Birtel sagte vor Gericht als Zeuge aus, weil die Rasperia die Strabag geklagt hat. Es geht dabei unter anderem darum, dass die Strabag die Dividendenzahlungen an den Teileigentümer Rasperia eingestellt und Thomas Bull als Aufsichtsrat entfernt hat. (Joseph Gepp, 15.2.2023)