"The Endless Night", fünf Folgen auf Netflix.

Foto: Netflix

Fein säuberlich liegen sie aufgereiht in der größten Sporthalle der brasilianischen Universitätsstadt Santa Maria – die Toten der Brandkatastrophe im Nachtclub Kiss.

Insgesamt 242 junge Menschen starben im Jänner 2013, ein Großteil erstickte am Rauch oder wurde zu Tode getrampelt. Mehr als 600 Menschen wurden teils schwer verletzt.

Die fünfteilige Netflix-Serie "Todo Dia a Mesma Noite" ("The Endless Night") erzählt fiktive Geschichten hinter diesen Zahlen. Das gibt den Toten und ihren Familien ein Gesicht. Dabei sind die ersten beiden Folgen nichts für schwache Nerven. Zeigen sie doch die Stunden vor, während und unmittelbar nach der Katastrophe. Im Anschluss liegt der Fokus auf den Hinterbliebenen und ihren Versuchen, Schuldige auszumachen und zur Rechenschaft zu ziehen. Denn wie so oft hätte der Brand wahrscheinlich verhindert werden können, wäre nicht am falschen Ende gespart worden.

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Der brasilianische Regisseur Gustavo Lipsztein verzichtet in der Serie auf übertriebenes Pathos. Stattdessen nutzt er eine starke Symbolik: Der 127. Anruf in Abwesenheit, das verlassene Auto im Parkhaus, die unverkennbaren Schuhe. Inhaltlich orientiert er sich an der brasilianischen Journalistin Daniela Arbex, die für ihre schriftliche Aufarbeitung Interviews mit Überlebenden und Angehörigen geführt hat.

Auf einen Abschluss wartet man bei "The Endless Night" vergebens. "Ich schlafe über den Bildern und Erinnerungen. Die Stimmen mischen sich in meinem Kopf. Die Zeit vergeht nicht", soll ein Vater gesagt haben. Seine Aussagen sind Programm. Zehn Jahre nach dem Brand laufen die Ermittlungen noch immer. (Anna Wiesinger, 16.2.2023)