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Zumindest mit den üblichen Ausreden, warum sie schlechter bezahlt werden als der Kollege, sollen Arbeitnehmerinnen nicht mehr allein sein.

Foto: Getty Images / Thomas Barwick

"Sie haben aber doch weniger verlangt als der Kollege." "Sie sind weniger flexibel als der Kollege." Sätze wie diese hören Frauen öfter, und sie halten den Gender Pay Gap offen. 1979 wurde in Österreich das Gleichheitslohngesetz verabschiedet, doch "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" ist auch 44 Jahre später noch keine Selbstverständlichkeit. Darauf machen in Österreich zwei Equal Pay Days aufmerksam. Die Plattform Business and Professional Women Austria berechnet den Tag, bis zu welchem Frauen in Österreich unbezahlt arbeiten – verglichen mit Männern, die ab dem 1. Jänner des Jahres bezahlt werden. Basis für die 13 Prozent Lohnkluft, die den Equal Pay Day heuer auf den 16. Februar fallen lassen, sind die Zahlen der Statistik Austria zu den Bruttojahreseinkommen aus dem Jahr 2021 von Arbeiter:innen, Angestellten, Vertragsbediensteten und Beamt:innen.

Der Herbsttermin soll jenen Tag markieren, ab dem Frauen bis Ende des Jahres symbolisch keinen Lohn mehr für ihre Lohnarbeit bekommen.

Zu Unrecht belohnt

Für die Lohnkluft zwischen Männer und Frauen gebe es vielfältige Gründe, heißt es oft. Schlechter bezahlte "Frauenbranchen", weniger Aufstiegschancen wegen Teilzeitarbeit oder weniger forderndes Auftreten. Letztlich wäre es aber einfach, und es gebe einen ursprünglichen Grund, sagt Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft: "Geschlechterstereotype". Und diese seien von einzelnen schwer zu bekämpfen. Die für die gesamte Privatwirtschaft zuständige Gleichbehandlungsanwaltschaft hat deshalb "Ausreden", warum eine Frau im selben Job weniger verdient als ein Mann, zusammengetragen und zeigt, dass sie oft nicht zulässig sind. Und dass dahinter Diskriminierungsmuster stehen. Wenn eine Frau beim Aufnahmegespräch etwa weniger verlangt hat als ihr Kollege, dann ist das keine Rechtfertigung. Laut Oberstem Gerichtshof (OGH) sind Arbeitgeber:innen trotzdem von sich aus verpflichtet, der Frau das gleiche Entgelt zu zahlen wie ihrem Kollegen.

Stellschrauben

Auch eine angebliche "fehlende Flexibilität" darf nur gelten, wenn sie für den Job ausschlaggebend ist. Andernfalls darf es nicht höher entlohnt werden, wenn der Kollege rund um die Uhr erreichbar ist. Neben Informationen und Beratung, was im Falle von Entgeltdiskriminierung getan werden kann, kann die Gleichbehandlungsanwaltschaft aufgrund ihrer Auskunftsrechte klären, ob tatsächlich Diskriminierung vorliegt. Sie kann von der Sozialversicherung Gehaltsdaten von Vergleichspersonen in anonymisierter Form anfordern. Neben Unterstützung bei Gesprächen mit Arbeitgeber:innen – die meisten wollen Klagen in einem aufrechten Dienstverhältnis vermeiden –, Aufklärung und Beratung sieht Sandra Konstatzky im Lohntransparenzgesetz eine wesentliche Stellschraube. Auch die EU plant einen Richtlinienvorschlag zur Bekämpfung von Entgeltdiskriminierung. Dieser sieht etwa eine Monitoringstelle zur Überwachung des Lohngefälles vor oder dass Arbeitnehmer:innen Einblick in Einstiegseinkommen bekommen sollen.

Aufgeschlüsselt

Grundsätzlich hat Österreich eine Vorreiterrolle, sagt Konstatzky. Neben Schweden ist Österreich eines der Länder in Europa, das überhaupt ein Lohntransparenzgesetz hat. Seit 2011 müssen alle Unternehmen mit über 150 Mitarbeiter:innen die Jahresgehälter von Männern und Frauen in den verschiedenen Lohnstufen einander gegenüberstellen. Die Grenze von 150 hält Konstatzky für zu hoch. "Österreich hat viele Mittelstandsbetriebe, die Lohntransparenz erfasst ungefähr 40 Prozent der Betriebe in Österreich." Ein Problem sei auch, dass in den Einkommensberichten nur die Jahresgehälter vorkommen, denn "der Teufel liegt im Detail", sagt Konstatzky gegenüber dem STANDARD. Es müssten Gehälter aufgeschlüsselt werden, damit klar ist, was davon Grundgehalt und was Leistungsentgelt ist und wo Zulagen oder Überstunden bezahlt werden. Das bekomme man durch die derzeitigen Berichte nicht auf den Radar. Auch das würde die Lohntransparenzrichtlinie der EU verbessern, sagt Konstatzky.

Diese Richtlinie sieht auch ein zentrales Register vor, in dem Betriebe klar und einheitlich die Gehälter aufschlüsseln müssen. Derzeit würden die Einkommensberichte in Österreich völlig unterschiedlich aussehen, sagt Konstatzky. "Wir müssen uns dann erst durch diese unterschiedlichen Strukturen quälen", ein zentrales Register ermögliche raschere und einfachere Vergleichbarkeit. Die Juristin kritisiert auch die fehlenden Sanktionen für Betriebe, wenn "unerklärbare Gehaltunterschiede sichtbar werden, und dass es keine externe Kontrolle gibt, ob und wie die Berichte erstellt werden.

Handlungsanleitungen

In besseren Einkommensberichten sieht Sandra Konstatzky auch Vorteile für die Betriebe. "Die Firmen wollen ja Leistung bezahlen und nicht aufgrund von Geschlecht", sagt sie. Die Idee des Lohntransparenzgesetzes war ursprünglich: Wenn Unternehmen das schwarz auf weiß sehen, dann würden sie freiwillig Schritte setzen, und manche Unternehmen würden das auch tun, sagt Konstatzky. Aber: "Mit der Freiwilligkeit ist das immer so eine Sache." Besser wäre es für Unternehmen, konkrete Handlungsanleitungen zu haben, was sie gegen die Lohnkluft machen können.

Sie sollten besonders in der gleichen Gehaltsstufe den Unterschieden auf den Grund gehen: Wurde besser verhandelt, haben sich die Gehälter der Männer ungleich schneller höher entwickelt als jene der Frauen? Besonderes Augenmerk sollte auf untereinanderliegende Gehaltsstufen gelegt werden, erklärt Konstatzky. Ansehen sollte man sich auch, ob in der unteren Lohnstufe nur Frauen und in der darüberliegenden nur Männer arbeiten. Und: Werden Tätigkeiten, die von Frauen ausgeübt werden, schlechter bewertet? Unterstützung für proaktive Maßnahmen gibt es schon jetzt, die Gleichbehandlungsanwaltschaft hat an einer Toolbox für Einkommensberichte mitgearbeitet, die Unternehmen Handlungsanleitungen bereitstellt. (Beate Hausbichler, 16.2.2023)