Wie stehen die Sterne? Wie steht der Mond? Die meisten Menschen lesen Horoskope zu ihrer Unterhaltung. Einige richten aber auch ihr Leben danach aus.

Foto: imago images/Jan Huebner

Wien – Horoskope sind wissenschaftlicher Humbug, aber für die Medienbranche sind sie ein gutes Geschäft. Sei es durch Klicks, die sie generieren, oder für Agenturen, die sie erstellen, und Hörerinnen und Hörer, die den Sendungen Reichweite verschaffen – Gerda Rogers' "Sternstunden" auf Ö3 lassen grüßen. Die Astrologin serviert bereits seit 30 Jahren im meistgehörten Radiosender des Landes ihre Tipps. Ob in Sachen Liebe, Beruf, Gesundheit oder Geld: Gerda Rogers wirft die Zutaten in den Astrologiemixer und steht mit Rat und Tat zur Seite. Und nicht wenige treffen wichtige Weichenstellungen im Leben, nachdem sie in die Sterne geschaut hat. Das sorgt auch immer wieder für Kritik.

Wie kommen Medien an Horoskope?

Der Medienwatchblog kobuk.at hat am Mittwoch einen Artikel veröffentlicht, wie und vor allem wie willkürlich Horoskope in Medien entstehen. Unter die Lupe genommen wurden etwa "Kurier", "Österreich", Puls 4, Infoscreen und die Regionalmedien Austria. Der Bericht basiert nach Angaben des Autors auf den Auskünften von acht Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern, die anonymisiert erzählen, wie sie für Medien Horoskope erstellt haben. Mit Astrologie hat das wenig zu tun. Die Quintessenz: "Manchmal sind Redakteur:innen für Horoskope zuständig, manchmal Praktikant:innen, und manchmal werden sie automatisiert von irgendwelchen Plattformen übernommen."

Bei Puls 4 etwa seien Tageshoroskope im Morgenmagazin "Cafe Puls" Wochen, wenn nicht Monate, im Voraus produziert worden. Nach dem Prinzip Copy & Paste: "Wenn man keine Horoskope auf anderen Seiten zum Abschreiben finden konnte, war man gezwungen, selbst irgendetwas zu erfinden", wird eine Ex-Redakteurin zitiert.

Nicht gekennzeichnete Satire

Auf Infoscreen-Schirmen, die in den öffentlichen Verkehrsmitteln in Wien laufen, seien Horoskope – zumindest intern – als Satire verstanden worden, sagt eine ehemalige Mitarbeiterin: "Wir haben uns immer grob an Online-Horoskope gehalten beziehungsweise inspirieren lassen, aber versucht, das Ganze lustig und überdreht umzuschreiben, weil wir in der Redaktion nicht an Astrologie glauben. Das Ganze war also eher ein Satireformat, und an den Leserbriefen haben wir auch gemerkt, dass das so ankam. Entweder fanden die Leute es witzig oder sie haben sich beschwert, weil wir das Thema nicht ernst genommen haben."

Immer wieder die gleichen Horoskope

Ein ehemaliger Mitarbeiter der Regionalmedien Austria ("Mein Bezirk") erzählt, dass Horoskope von einem deutschen Anbieter eingekauft und immer wieder verwendet wurden. "Wenn zum Beispiel kurzfristig ein Inserat rausgefallen ist und eine Seite zu füllen war, haben wir auf einen Pool von mehr oder weniger aktuellen Horoskopen zurückgegriffen", sagt er zum STANDARD. "Wir haben manchmal zu dritt überlegt, welches denn das am wenigsten Dumme" ist. Es war nicht die Ausnahme, sondern die Regel, dass die gleichen Horoskope mehrmals erschienen sind. "Ein Klassiker war etwa die Vorweihnachtszeit, wenn Ausgaben im Voraus produziert werden mussten."

Horoskope aus dem Mondbuch

Eine ehemalige Praktikantin erzählt Kobuk, dass sie vor Jahren beim "Kurier" in ihrem Praktikum für Horoskope zuständig gewesen sei. Ihr wurde ein "Mondbuch" mit einer Sammlung von Horoskopen in die Hand gedrückt, sagt sie. "Solche Sprüche werden dann direkt für das Tageshoroskop übernommen – auch wenn das Buch aus einem früheren Jahrzehnt stammt." Mittlerweile dürfte das anders sein, denn in einer Stellungnahme des "Kurier" heißt es: "Das Horoskop erwerben wir käuflich von Frau Hübner, einer Astrologin."

Wenn Medien die Horoskope nicht selbst frei erfinden, werden sie oft von externen Quellen gespeist, heißt es. So bezieht die "Kleine Zeitung" ihre Horoskope von der Rätselagentur Kanzlit oder der Agentur Viversum. Die "Kronen Zeitung" gebe bei ihren Horoskopen die Agentur Riccarda Ritter an; Astro.de und Horoskop.at werden auch oft verwendet.

Gutes Geschäft

Bei Astro.de können sich Onlinemedien ab 399 Euro monatlich ein Horoskop sichern, für Print fallen 299 Euro pro Text an. Horoskop.at verlangt etwa für ein "Kinderhoroskop" zwischen 29 und 39 Euro, "Bachblüten für Ihr Sternzeichen" schlagen mit 15 Euro zu Buche.

Auf Horoskope setzt auch der ORF. Ob als "Energiepegel" wie bei Radio Wien oder als "Horoskop des Tages" bei Radio Niederösterreich oder eben Gerda Rogers, astrologisches Aushängeschild und langjährige Institution im ORF, die Horoskope kommen in verschiedenen Gewändern daher. "ZiB 2"-Moderator Armin Wolf dürfte jedenfalls nicht viel von Horoskopen halten. Gerda Rogers liefere auf Ö3 ein "relativ erfolgreiches Unterhaltungsprogramm". "Ich hoffe nicht, dass das wer für eine Wissenschaftssendung hält", schrieb er auf Twitter.

Sinnbefreite Sprüche im ORF-Teletext

Ein tägliches Horoskop serviert auch der ORF-Teletext auf der Seite 726. Fische (Sternzeichen) könnten sich heute freuen, denn: "Ein Freund wird Sie überraschend besuchen. Sie freuen sich darüber, weil Sie ohnehin nicht im Haushalt tätig werden wollten." Für Zwillinge (Sternzeichen) wird es hingegen fad: "Eine geschäftliche Besprechung langweilt Sie. Es gibt nichts Neues zu besprechen, trotzdem dauert diese Sitzung Stunden."

Und Waagen (Sternzeichen) sollen die Fäuste sprechen lassen statt auf Argumentation zu setzen, oder wie soll man das verstehen? "Ein bisschen Ellbogentechnik könnte Ihnen weiterhelfen. Nicht jedes Problem lässt sich durch Argumentation aus der Welt schaffen."

Warum sich so viele Menschen in Horoskopen wiederfinden, erklären Psychologinnen und Psychologen mit dem Barnum-Effekt, wonach für jeden etwas dabei ist. Benannt nach dem Zirkusgründer Phineas Taylor Barnum (1810–1891), tendieren Menschen dazu, dass sie sich mit vagen, allgemeingültigen Aussagen und Behauptungen sehr schnell identifizieren können. (omark, 16.2.2023)