Das Gebäude des Rechnungshofs in Wien-Landstraße.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien – Die Einrichtung des Bundesverwaltungsgerichts hat sich bisher nicht bewährt. Das lässt sich aus einem aktuellen Rechnungshof-Bericht schließen. Die Prüfer vermissen die bei der Gründung eigentlich angestrebte Verfahrensbeschleunigung. Ganz im Gegenteil waren am Ende des Prüfzeitraums 2021 noch 15.000 Verfahren offen. Das sind so viele, wie 2020 und 2021 jeweils neu eingelangt waren.

Eigentlich sollten Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß gesetzlichen Vorgaben innerhalb von einem halben Jahr abgeschlossen sein. Jedoch gelang es in 63 Prozent der Fälle nicht, diese Frist einzuhalten. 37 Prozent wiesen gar eine Verfahrensdauer von über zwei Jahren auf. Dies erstaunt umso mehr, als der Personalstand zwischen 2014 und 2021 um 42 Prozent erhöht wurde und die Flüchtlingsverfahren zwischenzeitlich deutlich zurückgegangen waren.

Asyl stellt größten Bereich

Speziell der Asylbereich nimmt nämlich offenbar viel Zeit in Anspruch. Hier dauern die Verfahren im Schnitt 258 Tage. In den anderen Bereichen konnte zumindest die Mehrheit der Fälle innerhalb von sechs Monaten entschieden werden.

Doch ist es gerade der Asylbereich, der den Großteil der Arbeit der Richter ausmacht. So betrafen im Jahr 2017 rund 30.600 von insgesamt rund 42.000 Verfahren diesen Sektor. 2021 waren es rund 8.500. Angesichts der starken Asyl-Antragszahlen im Vorjahr empfiehlt der Rechnungshof, hier Vorsorge zu leisten. Es sei zeitgerecht zu reagieren, um einen neuerlichen Aufbau von Rückständen so weit wie möglich zu verhindern. In der Erstinstanz – dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – steigt die Zahl der offenen Fälle nämlich bereits.

Allzu zufrieden scheinen die Prüfer mit dem Personal am Bundesverwaltungsgericht nicht zu sein. Es sei "nicht objektiv und zuverlässig feststellbar, ob tatsächlich eine effiziente und effektive Aufgabenwahrnehmung im richterlichen Bereich sichergestellt war", heißt es im Bericht.

Hohe Fluktuation

2021 hatten etwas mehr als 200 Richterinnen und Richter am 2014 eingerichteten Bundesverwaltungsgericht, das Stellen wie den Asylgerichtshof, Bundesvergabeamt und Umweltsenat zusammenführte, gearbeitet. Sie müssen vor ihrer Ernennung neben einem einschlägigen Studium über eine fünfjährige juristische Berufserfahrung verfügen. Allerdings ist aus Sicht des Rechnungshofes nicht ausreichend sichergestellt, dass diese Personen tatsächlich für das Richteramt geeignet waren, da sich dieses wesentlich von sonstigen juristischen Tätigkeiten in der Verwaltung unterscheide.

Es besteht zudem keine Verpflichtung für Mitglieder des Bundesverwaltungsgerichts, an einer entsprechenden Grundausbildung oder Weiterbildung teilzunehmen. Der Rechnungshof empfiehlt daher, für neu eintretende Mitglieder eine Grundausbildung, beziehungsweise verpflichtende Weiterbildung zu schaffen, die den Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit entspricht.

Angemerkt wurde auch eine hohe Fluktuation an dem Gericht. Ausreichende Maßnahmen dagegen wurden nach Geschmack des Rechnungshofs nicht gesetzt. Bedenken hatten die Prüfer schließlich bezüglich des Bestellungsmodus zum Präsidium. Denn hier seien die richterlichen Personalgremien im Gegensatz zur ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht eingebunden. Derzeit wird das Gericht interimistisch von Vizepräsident Michael Sachs geführt, der sich seinerseits für die Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde beworben hat. Das Besetzungsverfahren für das Präsidentenamt läuft aktuell noch. (APA, red, 17.2.2023)