Ein Ort auch für junge Talente.

Stefan Seelig

Der gebürtige Hildesheimer Friedrich Ehrbar kam im Rahmen seiner Gesellenreise nach Wien – und blieb. 1876 ließ er sich in der Mühlgasse 28–30 ein repräsentatives Palais mit Pyramidendach und dazugehörigem Konzertsaal errichten. "Er kaufte eine Klaviermanufaktur und avancierte zum gefeierten Klavierproduzenten und k. u. k. Hoffortepianofabrikanten", erzählt Cathrin Chytil und führt durch den mit rotem Marmor, eleganten Säulen und prunkvoller Stuckatur ausgestatteten Eingangsbereich. Eine große, weiße Flügeltür führt ins frisch restaurierte Foyer.

Nachdem das Prayner-Konservatorium 2020 in Konkurs gegangen war, übernahm die deutsche Klaviermanufaktur C. Bechstein mit Sitz in Berlin die Räumlichkeiten und begann mit umfangreichen Restaurierungsarbeiten. "Der Aufwand ist enorm, weil der Bau unter Denkmalschutz steht und jeder Schritt zuerst bewilligt werden muss", erklärt Chytil, die als künstlerische Leiterin die Programmierung verantwortet.

Gut vernetzt

"Im Ehrbar-Saal ist fast alles noch im Original erhalten, nur die Zwischendecke wurde später für die Galerie eingezogen." Die frisch gepolsterten Thonet-Stühle zählen ebenso dazu wie kunstvolle, in Gold gefassten Verzierungen, die den 400 Besucher fassenden Saal schmücken. Auch die Fenster, Türen, Böden, Luster und Leuchten haben die Zeit überstanden. "Unter dem Parkettboden haben wir sogar eine Münze aus dem Jahr 1881 gefunden", freut sich Cathrin Chytil.

Ehrbar hatte mit der Erfindung des Gußrahmens nicht nur den Klavierbau revolutioniert – seine Instrumente wurden bis nach China exportiert –, er war auch ein hervorragender Netzwerker: Zu seinen Freunden zählten u. a. Johannes Brahms, Gustav Mahler und Arnold Schönberg, die hier nicht nur komponierten, sondern auch ihre Werke ausprobierten.

Klavier und Lied

Nach Jahrzehnten des Dornröschenschlafs soll sich der Ehrbar-Saal, der in der Zwischenkriegszeit auch als Lazarett, Möbelmagazin und Tierstall diente, wieder als fester Bestandteil des Wiener Musiklebens etablieren. Mittlerweile beherbergt das Palais in der Mühlgasse Proberäume, die Studenten zum Preis von 3 bis 12 Euro pro Stunde mieten können, eine Musikschule und das Institut für Alte Musik der mdw.

Das Konzertprogramm umfasst neben Kammermusik, Liederabenden, Orchester- und Chorkonzerten, Schauspiel und Tanz auch Meisterkurse und Wettbewerbe. Herzstück sind die Bechstein-Klavierabende, die jungen, aufstrebenden Talenten eine Bühne bieten. Kuratiert wird die Konzertreihe u. a. von András Schiff, der im Rahmen seines Mentoringprogramms "Building Bridges" den israelischen Pianisten Itai Navon nach Wien bringt (2. März).

Samstagabend steht im Ehrbar-Saal aber das Lied im Mittelpunkt: Im Rahmen der Schubertiade Wieden präsentieren Bariton Christoph Filler und Pianist Alejandro Picó-Leonís ausgewählte Werke von Rossini und Schubert. (Miriam Damev, 17.2.2023)