Laut Uno-Welternährungsprogramm behindern syrische Rebellen die Hilfe für Erdbebenopfer.

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Gaziantep/Idlib – Die Zahl der Menschen, die in der Türkei durch das Erdbeben getötet wurden, ist auf 40.642 gestiegen, wie der Vorsitzende der Katastrophenschutzbehörde Afad, Yunus Sezer, am Samstag laut staatlicher Nachrichtenagentur Anadolu mitteilte. In Syrien sind bisher rund 5.900 Tote in Zusammenhang mit den verheerenden Beben gezählt worden. Deren Zahl wird jedoch nur unregelmäßig aktualisiert. Insgesamt sind damit in beiden Ländern über 46.000 Menschen ums Leben gekommen. Medienberichten zufolge soll der Bau neuer Häuser auf türkischer Seite im März beginnen.

Gut 264.000 Wohnungen wurden allein in der Türkei nach Behördenangaben zerstört. Zahlreiche Menschen werden immer noch vermisst. Dennoch konnten auch am Samstag – 296 Stunden nach dem ersten Beben – noch Überlebende gerettet werden. Helfer zogen laut einem Bericht drei Menschen, darunter ein Kind, aus den Trümmern eines Gebäudes in der südtürkischen Stadt Antakya. Laut dem European-Mediterranean Seismological Centre erschütterte ein Beben der Stärke 5,2 am Samstag die Zentraltürkei. Berichte über Schäden gab es vorerst keine. Seit dem Erdbeben wurden mehrere tausend Nachbeben verzeichnet.

WFP will Rebellen zur Rede stellen

Der Bericht des Staatssender TRT vom Samstag ließ sich vorerst nicht unabhängig überprüfen. Auf einem Video war zu sehen, wie die Helfer einen Mann und eine Frau per Trage zu einem Krankenwagen brachten und Mediziner das Kind behandelten. Nähere Angaben zur Identität der Geretteten machte der Sender zunächst nicht. Menschen können in der Regel etwa 72 Stunden ohne Wasser überleben. Verschüttete, die nun noch gerettet werden, müssen Medizinern zufolge irgendeine Art von Wasserversorgung in den Trümmern gefunden haben.

Das Welternährungsprogramm WFP wirft den Rebellen im Nordwesten Syriens die Behinderung der Hilfen für die Erdbebenopfer vor. Die Machthaber in der betroffenen Region ließen keine Hilfen zu, sagte WFP-Direktor David Beasley der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. "Das ist ein Engpass für unsere Operationen. Das muss sofort behoben werden." Er kündigte an, die Rebellen zur Rede zu stellen. Die meisten Opfer in Syrien hat es in den Rebellengebieten gegeben. Die Region wird von Aufständischen kontrolliert, die sich mit den Truppen von Präsident Baschar al-Assad bekriegen.

"Uns geht das Geld aus"

Beasley warnte mit Blick auf alle betroffenen Gebiete in der Türkei und in Syrien, die Überlebenden seien aufgrund der Zerstörungen von öffentlichen Einrichtungen und Wohngebäuden noch monatelang auf Hilfe angewiesen. Das WFP werde jedoch in etwa 60 Tagen keine Mittel mehr haben. "Die Zeit wird knapp, und uns geht das Geld aus", sagte der Direktor. "Unser Einsatz kostet allein für die Erdbebenhilfe etwa 50 Millionen Dollar pro Monat." Wenn Europa eine neue Flüchtlingswelle vermeiden wolle, müsse das WFP unterstützt werden. Die UN-Behörde gibt in den Katastrophengebieten unter anderem warme Mahlzeiten und Essensrationen zum Mitnehmen heraus.

Die mit Syriens Präsident Baschar al-Assad verbündete Hisbollah schickt indes Hilfe ins Erdbebengebiet nach Aleppo. Die libanesische Schiitenmiliz wollte eigenen Angaben zufolge am Samstag 29 Lastwagen mit Decken, Heizgeräten und Milchpulver für Babys liefern. Die Kämpfer der vom Iran unterstützten Organisation aus dem Libanon haben im Syrischen Krieg maßgeblich dabei geholfen, die dortige Regierung an der Macht zu halten.

Zehntausende wurden verletzt

Für Hisbollah-Anhänger Hussein Ahmed aus Beirut ist die Unterstützung der Erdbebenopfer in Syrien selbstverständlich, wie er sagt. Viele Libanesen, so der 18-Jährige, "die in den vergangenen Jahren an der Seite der syrischen Regierungstruppen gekämpft haben, sind nach Syrien geeilt, um bei Rettungsaktionen zu helfen."

Vor zwölf Tagen hatte ein Beben der Stärke 7,7 die Südosttürkei erschüttert, Stunden später folgte ein zweites schweres Beben der Stärke 7,6. Die Zahl der bestätigten Toten in der Türkei und Syrien steigt immer noch. Zehntausende wurden zudem verletzt, Millionen sind von den Auswirkungen der heftigen Erdstöße betroffen. (APA, red, 18.2.2023)