Zahlreiche Sportverbände wie auch der Handballverband hätten bei einer Einstellung von ORF Sport Plus einen Reichweitenverlust zu befürchten.

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Hans Niessl, so ist aus seiner Umgebung zu erfahren, ist "brennheiß". Der Ex-Landeshauptmann des Burgenlands steht seit Ende 2019 als Präsident der Bundessportorganisation Sport Austria vor, er hatte schon ordentlich zu tun. Dass nun die Einsparung des Spartensenders ORF Sport Plus ins Haus stehen soll, nimmt Niessl als nächste Bedrohung nach Corona und Energiekrise wahr. Er befürchtet einen "gewaltigen Rückschritt, der Erreichtes zunichtemachen würde", kündigt flott "massivste Proteste des Sports" an.

In dieselbe Kerbe schlägt Petra Steger, Sportsprecherin der FPÖ. "Leider verdichten sich die Gerüchte um die Einstellung des Senders immer mehr", hielt Steger am Sonntag fest. Für die Ex-Basketballerin, deren Vater Norbert ORF-Stiftungsratsvorsitzender und Präsident des Basketballverbands war, wäre das Aus von ORF Sport Plus "ein Faustschlag ins Gesicht eines jeden österreichischen Athleten". Sie sieht vor allem "die Randsportarten betroffen, die keine Berichterstattung mehr hätten". Unausgesprochener Nachsatz: Wie soll ein mittelgroßer Verein in einer mittelbedeutenden Sportart noch irgendeinem Geldgeber etwas wert sein, wenn er gar nicht mehr über die Wahrnehmungsgrenze kommt?

Streaming als Lösung?

Aber könnte eine neue ORF-Herangehensweise nicht auch eine neue Chance für den Sport bedeuten? Schließlich steht im Raum, dass Sportinhalte künftig vermehrt auf ORF 1 zu sehen sein könnten. Da wären automatisch weitaus höhere Reichweiten gegeben, woran sich etwaige Sponsoren garantiert nicht stoßen würden. Niessl kann sich freilich nicht vorstellen, dass in dieser Form annähernd der Umfang im bisherigen Ausmaß gegeben sein könnte. Und von möglichen Plänen, Sport via ORF-Streaming-Plattformen zu bringen, wäre oder ist man bei Sport Austria zumindest vorerst ebenfalls nicht begeistert. Man würde sich jedenfalls "eine gleichwertige oder sogar bessere Alternative" wünschen, heißt es, denn: "Viele Verbände und Vereine brauchen die Fläche, um weiter existieren zu können."

Sport Austria verweist auf knapp zwei Millionen Mitgliedschaften in heimischen Sportvereinen. Und darauf, dass der Sport dem ORF insgesamt viel bringt. Das bezieht sich freilich vor allem auf sogenannte Premiumbewerbe der Prime-Sportarten (Fußball, Formel 1, Ski), die für beste Quoten und hohe Werbeeinnahmen sorgen.

Damit ließen sich Übertragungen auf ORF Sport Plus nie und nimmer vergleichen. Kein Wunder, heißt es seitens Sport Austria, schließlich habe der Sender kaum Mittel gehabt, dem Vernehmen nach kostete er acht bis zehn Millionen Euro pro Jahr. Dennoch habe ORF Sport Plus gewissermaßen auch den ORF-Bildungsauftrag erfüllt. Dieser würde nämlich beinhalten, der Bevölkerung "die Vielfalt der Sportkultur zu vermitteln".

Mäßiges Interesse

Dass weiten Teilen dieser Bevölkerung der Sport – sieht man von "Premiumbewerben" ab – sonst wo vorbeigeht, schlug sich zuletzt in einer OGM-Umfrage für den Kurier nieder. Ihr zufolge hätten 51 Prozent kein Problem mit einer Reduzierung oder Einstellung von ORF Sport Plus, ein deutlich höherer Wert als beispielsweise bei ORF 3 (28 Prozent). Dieser Vergleich hinkt laut Sport Austria allerdings, schließlich sei ORF 3 um einiges teurer produziert, es werde deutlich mehr moderiert, das erhöhe die Akzeptanz beim Publikum.

ORF-General Roland Weißmann hat dieser Tage einen neuen Sportchef zu bestimmen. Favorit für den Posten ist, obwohl er in einer Abstimmung in der ORF-Sportredaktion "unter ferner liefen" landete, der bisherige Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter. Außer Frage steht, dass im Sport intern wie extern viel Arbeit wartet. Da muss man nur eins und eins addieren. (Fritz Neumann, 20.2.2023)