Die Menschen im Stadtteil Arganzuela in Madrid sind aufgebracht. Regionalregierung und Stadtverwaltung – beide in Händen des konservativen Partido Popular (PP) – wollen im einzigen großen Park des Bezirks 1.027 Bäume fällen, darunter auch eine über 50 Jahre alte Platanenallee. Der Grund: Es soll eine U-Bahn gebaut werden. Und genau hier im Park soll die Tunnelbohrmaschine im Boden verschwinden und die Kontrollzentrale während der mehrere Jahre dauernden Arbeiten stehen. Schließlich soll hier ein U-Bahnhof gebaut werden.

Protest gegen den Bau einer U-Bahn-Linie in Madrid, weil dafür mehr als 1.000 Bäume gefällt werden sollen.
Foto: GABRIEL BOUYS / AFP

"Der Bürgermeister fällt lieber Bäume, als eine Straße für den Verkehr zu sperren", beschwert sich eine der Sprecherinnen der spontan entstandenen Anrainerinitiative, Susana de la Higuera. Sie verweist auf den ursprünglichen Plan für die Linie 11. Dort waren die Bauarbeiten und der neue U-Bahnhof nicht im Park Madrid Río vorgesehen, sondern gleich nebenan auf einer der Hauptstraßen des Stadtteils. Kein einziger Baum hätte gefällt werden müssen.

Demo für Rettung der Bäume

Am Wochenende gingen zum wiederholten Mal tausende Anrainer – meist ganze Familien – in den Park, um sich für ihre Bäume einzusetzen. Sie haben mittlerweile einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den Baubeginn gestellt und angekündigt, sich im Notfall den Baumaschinen in den Weg stellen zu wollen.

Für die Madrider Regierungspartei PP ist all das "eine völlig künstliche Mobilisierung", so ein Abgeordneter im Regionalparlament. "Wir stehen kurz vor den Wahlen", fügt er hinzu. Auch aus der Stadtverwaltung heißt es, dass die Anrainer für den U-Bahn-Bau seien und es sich bei den Demonstranten um Aktivisten und Umweltschützer aus anderen Stadtteilen handle.

Warum der Sinneswandel beim Streckenverlauf der Linie 11? Darüber schweigen sich sowohl die Regionalregierung als auch Bürgermeister José Luis Martínez Almeida aus. Und die U-Bahn-Verwaltung erklärt nur, es gehe darum, Abstand zu einer unterirdischen Schnellstraße zu halten. Doch die gab es schon, als der ursprüngliche Plan ausgearbeitet wurde.

"Neue Bäume pflanzen"

"Wird das heißen, dass wir Bäume verlieren?", fragt Bürgermeister Almeida und gibt gleich selbst die Antwort: "Nein, denn wir werden mehr neue Bäume pflanzen, als wir fällen." Er kündigte 19.513 neue Bäume an. Wo und wann, das lässt er offen.

Ein Blick in die Statistiken der Stadt zeigt: Almeida ist kein Freund von Bäumen. Es gibt immer weniger Bäume im Stadtzentrum. Gepflanzt wird, wenn überhaupt, in den Außenbezirken auf irgendwelchen Brachflächen. Standen in Madrid 2019, als Almeida sein Amt antrat, 400.000 im Stadtgebiet, waren es Ende 2022 nur noch 322.000. Almeida verweist immer wieder auf das Winterunwetter Filomena vor zwei Jahren, bei dem viele Bäume durch die hohe Schneelast beschädigt wurden. Danach mussten 21.000 Bäume gefällt werden.

Warum der Rest der Kettensäge zum Opfer fiel, ist den Statistiken im Einzelnen nicht zu entnehmen. Die Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción hat eine Erklärung: "Es reicht ein Spaziergang durch die zahlreichen Baustellen in Madrid, um zu sehen, wie die Bäume nicht geschützt werden. Wurzeln werden beschädigt, der Boden abgetragen. Der Baum stirbt nicht sofort, sondern in ein paar Jahren. Er wird dann mit der Begründung gefällt, er sei krank." (Reiner Wandler, 20.2.2023)