Noch ist nicht viel los im neuen Rivus Vivere. Doch schon bald soll Leben auf den Balkonen und in den Geschäftslokalen der Sockelzone sichtbar sein. Von der Piazza im Süden aus betrachtet zeigt sich das neue Buwog-Projekt im 23. Wiener Gemeindebezirk mit unerwartet dörflichem Charakter.

Foto: Michael Hierner / hierner.info

Doch der Schein trügt. Rivus Vivere – von den Architekten PPAG nüchtern "Stadtbaustein" genannt – besteht aus sieben vollkommen unterschiedlichen Baukörpern mit insgesamt etwa 20.000 m² Nutzfläche. Darauf befinden sich 296 freifinanzierte Wohnungen, zwölf Gewerbeeinheiten sowie weitere Einrichtungen für die künftigen Bewohner.

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Auffällig am Konzept ist das Zusammenspiel zwischen öffentlichen und privaten Bereichen. So dienen etwa die beiden Innenhöfe der sozialen Interaktion und sollen bewusst belebt sein. Für Privatsphäre sorgen die Fensterläden – die gleichzeitig auch ein guter Sonnenschutz sind. Sie erzeugen ein für Wien ungewöhnliches mediterranes Flair.

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Ein besonders offenes Wohnerlebnis versprechen die Parterrewohnungen: Ihre Außenflächen sind vom Innenhof nur durch Blumentöpfe abgegrenzt. Dieses Konzept ist für die PPAG-Mitbegründerin Anna Popelka nichts Neues: Sie verbrachte selbst fast 20 Jahre in einer Parterrewohnung und erlebte so das urbane Treiben am Gehsteig tagtäglich beim Blick aus ihrem Fenster.

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Mehr Privatsphäre gibt es hingegen für die Bewohnerinnen und Bewohner der oberen Etagen. Als Gegengewicht zur Bodenversiegelung wurden zahlreiche Dächer begrünt. So entsteht in luftiger Höhe der Eindruck eines Reihenhauses mit Garten. Bäume dürften hier allerdings keine gepflanzt werden. Ihre Wurzeln würden sich zu tief in die flache Erdschicht eingraben.

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Aber nicht nur die Fensterläden, sondern auch die Klinkerfassade der Mauern sowie die offenen Erschließungsgänge wecken mit ihren Pflanzentöpfen ein mediterranes Lebensgefühl. Dazu trägt auch bei, dass die Innenhöfe zum öffentlichen Raum gehören. "Wir wollen, dass sie von den Bewohnern als Durchgangsbereich genutzt werden", erklärt einer der Architekten von PPAG.

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Eine Besonderheit sind die metallischen Vordächer, die von den Architekten auch in anderen Projekten – etwa in der Seestadt Aspern – eingesetzt wurden. Ihre Form erinnert an die Enzi-Sofas aus dem Wiener Museumsquartier. Die Ähnlichkeit ist kein Zufall, denn auch diese wurden von PPAG gestaltet.

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Neben einer Garage für Autos und Fahrräder, Kellerräumen, Lager-, Paket- und Müllräumen gibt es in der neuen Wohnanlage auch Platz für weitere Freizeitangebote, etwa einen Kletter- und Spielraum sowie einen überdachten Spielplatz mit Rutsche. Auch an einen Co-Working-Space sowie einen offenen Bücherschrank wurde gedacht.

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In einem der Geschäftslokale hat ein Action-Markt bereits aufgesperrt, ein Bistro und ein Frisör- und Kosmetikstudio sind als weitere Mieter bereits fixiert.

Auf dem Grundstück entlang der Breitenfurter Straße war ursprünglich eigentlich ein Baumarkt geplant. Mit der Umwidmung zum Wohnen, geregelt über einen städtebaulichen Vertrag, sollte verhindert werden, dass hier ein weiterer "großer Klotz" das Stadtbild dominiert. Dies ist gelungen, denn die verschieden hohen Baukörper mit unterschiedlich angeordneten Balkonen wirken wie die Neuinterpretation einer Fassade aus der Wiener Gründerzeit.

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Auch aus ökologischer Sicht entspricht das Rivus Vivere zeitgemäßen Wohnbedürfnissen. Wärmepumpen sorgen ebenso für eine nachhaltige Energieversorgung wie eine Photovoltaikanlage am Dach. Ans öffentliche Verkehrsnetz angebunden ist Rivus derzeit nur über einen Bus; ein paar hundert Meter weiter nordwestlich sollte aber irgendwann eine neue S-Bahn-Haltestelle entstehen. Ein Car-Sharing-Angebot für die Bewohnerinnen und Bewohner befindet sich im Haus, und die Fahrradabstellräume wurden bewusst großzügig bemessen.

Entscheidend für den Erfolg des Projekts wird letztlich die Wohnzufriedenheit der Menschen sein, die hier wohnen. Und für die wurde hier mit einer guten Portion mediterranem Flair auffallend viel geschaffen. (Michael Hierner, 21.2.2023)

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