Die Uni Graz muss nun einen neuen Dekan oder eine neue Dekanin für ihre bildungswissenschaftliche Fakultät suchen

Foto: APA/Happe

An der bildungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz bewirkt die Causa rund um Konferenzreisen ihres Dekans nun doch personelle Konsequenzen. Wie der STANDARD Anfang Februar berichtet hat, musste Dekan Rudolf Egger im Herbst 2022 mehrere Teilnahmen an Konferenzen in Indien und den USA sowie entsprechende Publikationen aus dem universitären Forschungsportal entfernen, die er zuvor dort als akademische Leistungen aufgelistet hatte. Diese Maßnahme hatte die Österreichische Agentur für Wissenschaftliche Integrität (ÖAWI) der Uni in einem Schreiben empfohlen, nachdem beide Institutionen einen anonymen Hinweis zu fragwürdigen Aktivitäten Eggers erhalten hatten – auch die "Kleine Zeitung" berichtete.

Professor "hereingefallen"

Die ins Zwielicht geratenen Konferenzen – sie sollen zwischen 2015 und 2017 stattgefunden haben – wurden von der World Academy of Science, Engineering and Technology (Waset) veranstaltet, deren Geschäftsmodell auf Fake-Konferenzen und Raubverlagen ohne wissenschaftliche Qualitätskontrolle basiert. Egger hat nach Aufkommen der Vorwürfe zwar die aus heutiger Sicht schiefe Optik eingeräumt, zugleich allerdings argumentiert, dass die von ihm besuchten Waset-Konferenzen völlig seriös gewesen seien. Im STANDARD-Gespräch berichtete er von "sehr interessanten Diskussionen", ihm sei nichts Ungewöhnliches aufgefallen.

Die Uni Graz stellte sich hinter ihren Professor. Zu Zeiten von Eggers Konferenzbesuchen sei das Wissen über das System von Fake-Science und die dubiose Rolle der Waset noch kaum verbreitet gewesen, zumal erst die großen, 2018 publizierten Medienrecherchen ein adäquates Bewusstsein für das Problem hervorgerufen hätten. Im Nachhinein betrachtet wäre eine Teilnahme ihrer Forscherinnen und Forscher an Waset-Aktivitäten nicht mit den Standards der wissenschaftlichen Integrität vereinbar, doch Egger sei damals "offensichtlich hereingefallen", erklärte die Uni Graz. Auch eine Uni-interne Untersuchung in Reaktion auf das Schreiben der ÖAWI habe kein Fehlverhalten Eggers ergeben, er wurde sogar nach Bekanntwerden der Vorwürfe vom Rektorat im Oktober erneut zum Dekan seiner Fakultät bestellt.

Aus eigenem Antrieb

Durchaus überraschend kommt nun also, dass Egger seinen Posten demnächst von sich aus räumen wird. Wie die Uni am Montag auf ihrer Website schrieb, legt der Erziehungswissenschafter das Amt des Dekans mit Ende Februar "aus persönlichen Gründen" zurück, die reguläre Amtszeit würde erst im September 2024 enden.

Egger sagte am Dienstag zum STANDARD, dass es keinerlei Druck seitens seiner Kolleginnen und Kollegen oder der Uni für den Rücktritt gegeben habe. Er habe sich nach wie vor nichts vorzuwerfen, doch "die Fakultät ist eine großartige Forschungs- und Lehreinheit und sollte durch ihre guten Leistungen Schlagzeilen machen". Er habe sich nunmehr – obgleich seine Konferenzteilnahmen fruchtbare Kooperationen angestoßen hätten – auch entschlossen, die damals genehmigten Reisekosten von rund 4.000 Euro zurückzuzahlen. (Theo Anders, 22.2.2023)