Medienwissenschafter Matthias Karmasin.

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Wien – Der Teufel liege wie immer im Detail, sagt Medienwissenschafter Matthias Karmasin von der Universität Klagenfurt. Details sind tatsächlich noch nicht viele bekannt, aber immerhin die Richtung: Die ORF-Finanzierung wird künftig über eine Haushaltsabgabe erfolgen und nicht mehr über die GIS-Gebühren. Für Karmasin sind noch zu viele Fragen offen. Neben der elementarsten Information, wie hoch die Abgabe sein wird, fehlen auch noch andere wichtige Parameter wie: "Was ist ein Haushalt? Fallen Klein- und Mittelbetriebe darunter und Betriebsstätten? Fällt auch ein Schrebergarten darunter? Was ist mit Zweitwohnsitze? Oder wie funktioniert der Abgleich von Meldedaten?"

Transparenz und Gleichheit

Wichtige Punkte sind für Karmasin Transparenz und Gleichheit: "Die Idee der Haushaltsabgabe ist, dass alle Haushalte gleich viel zahlen. Ausgenommen sind jene, die man aus sozialen Gründen davon befreit." Dem stünden die Landesabteile an der GIS-Gebühr gegenüber, die derzeit auf das Programmentgelt für den ORF draufgeschlagen werden. Die Bandbreite reicht von 6,20 Euro (Steiermark) über 5,80 Euro (Wien) bis zu null Euro (Oberösterreich und Vorarlberg). "Die wird man wahrscheinlich nicht eins zu eins überführen können", so Karmasin: "Haushalte in Vorarlberg und Oberösterreich würden weniger zahlen."

Mit der Landesabgabe finanzieren sich die Bundesländer etwa Kultureinrichtungen oder Musikschulen. Im Jahr sind das rund 140 Millionen Euro. "Aber wahrscheinlich ist der Finanzausgleich der richtige Ort für die Finanzierung und nicht die Haushaltsabgabe", sagt Karmasin: "Es ist aber ganz wichtig, dass das finanziert wird. Und ich bin nicht dafür, dass das einfach gestrichen wird." Er sei kein Europarechtler, aber: "Wie das bei einer Notifikation durch die EU gesehen wird, da bin ich gespannt."

Wo spart man?

Wenn man wie der ORF rund 300 Millionen Euro bis Ende des Jahres 2026 einsparen müsse, sei klar, dass das nicht über Synergien, dem Nichtnachbesetzen von Stellen und moderaten Gehaltsabschlüssen alleine gehen könne, sagt Karmasin über das Sparpaket, das ORF-Generaldirektor Roland Weißmann am Montag bestätigt und präsentiert hat. Wie berichtet, soll es etwa dem Radio-Symphonieorchester (RSO), ORF Sport Plus sowie den Plattformen Flimmit und Fidelio an den Kragen gehen. "Die Frage, wo man spart, ist natürlich sehr umstritten."

Was Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrags sei und was nicht, lasse Interpretationsspielraum offen, sagt Karmasin: "Es gibt natürlich Argumente, gerade von sogenannten Randsportarten, die sagen, die Möglichkeit, Sponsoren zu gewinnen und Aufmerksamkeit zu gewinnen, ist nur dann gegeben, wenn ich auch eine gewisse Form der Publizität erreiche." ORF Sport Plus ist ein Garant dafür. "Und wer soll es denn machen, wenn nicht der ORF?" Auch wenn beim Betreiben des Kanals von einer Maßgabe nach wirtschaftlicher Machbarkeit die Rede sei.

Pferd von hinten aufgezäumt

"Bemerkenswert" findet Karmasin, dass man eine Debatte über die ORF-Finanzierung und Einsparungen führe, ohne dass man das "Zielportfolio" festlege. Man könnte sich auch zuerst überlegen, was die unverzichtbaren Leistungen des ORF sind, so der Medienwissenschafter, der auch Publikumsrat im ORF ist. Bei dieser Debatte gebe es durchaus ein breites Meinungsspektrum. "Da wird es Leute geben, die sagen, wir brauchen die Formel 1 und das Hahnenkammrennen, und dann wird es Leute geben, die sagen: Nein, wir brauchen das RSO und österreichische Filme."

In einem Diskussionsprozess könnte man sich über die Kernbestandteile des ORF einigen: "Erst dann überlege ich mir, was es kostet, das in einer hohen Qualität herzustellen. Und dann überlege ich mir, wie kann ich das möglichst so finanzieren, dass politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit möglichst groß sind." So eine Debatte habe es aber nicht gegeben, kritisiert Karmasin. (Oliver Mark, 22.2.2023)