Hart, aber zielführend: Das Skigymnasium Stams.

Foto: APA/BARBARA GINDL

Bernhard Braunstein hat Regie geführt.

Foto: APA/MARTIN HASENOEHRL

Huckepack bergauf.

Foto: PANAMA Film KG

Planica/Wien – "Man muss sich einmal klarmachen, dass es ein großes Privileg ist, dass wir diese Einrichtung haben. Stams wird vielleicht im Ausland mehr geschätzt, als bei uns." Werner Schuster sagt das. Er war Skispringer und danach Trainer am Schigymnasium Stams, ehe er erst bei den Schweizer und dann bei den deutschen Skispringern den Chefcoach gab. Seit 2020 ist der Kleinwalsertaler, der Weltrekordweltcupsieger Gregor Schlierenzauer entscheidend förderte, zurück in Stams – virtuell beladen mit den Medaillen seiner Schützlinge.

Es ist das Wissen von Expertinnen und Experten wie Schuster (53), die den Ruf von Stams, das 1967 als führende Ausbildungseinrichtung für den österreichischen Skisport gegründet wurde, mittragen. Wegen deren Expertise kommen Jugendliche – mittlerweile aus aller Welt – in die Einrichtung des Vereins "Internatsschule für SchisportlerInnen Stams". Einige wenige werden Stars ihrer Sportarten, die weitaus meisten scheitern am Ziel, bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen Medaillen zu gewinnen oder im Weltcup zu reüssieren.

Talent und Würde

Diese Ziele werden zu Beginn des Dokumentarfilms "Stams" von Regisseur Bernhard Braunstein (ab 3. März im Kino) von der Schulleitung klar formuliert – vor Mädchen und Buben, die Jahr für Jahr nach Stams kommen, um den Weg zum Erfolg zu finden. "Nach der Würde sind alle Menschen gleich, aber nicht nach den Talenten", bekommen sie von einem Priester im Schulgottesdienst in der prächtigen Stiftskirche zu hören.

Stadtkino Filmverleih

"Angstfrei und fleißig" sollen die jungen Menschen alles geben, denen sich Braunstein in ruhigen Einstellungen gewidmet hat. Der Salzburger Filmemacher hat sie begleitet, ohne merklich einzugreifen. Zu sehen ist unkommentiert der schulische Alltag, der nicht alltäglich sein kann – in Klassenzimmern, Trainingshallen, Massageräumen, auf Sprungschanzen und Skipisten.

Zu sehen ist auch ein wenig vom Internatsleben, von der spärlichen Freizeit bis hin zu einer idyllischen Szene mit Mädchengesang zur Gitarre. Im Mittelpunkt steht aber die psychische und physische Investition der jungen Menschen, angeleitet von zumeist ersten Trainern, Betreuerinnen, Lehrern, die politische Bildung, Dopingprävention und Kierkegaard vermitteln.

Stamser Sehnen

Stets präsent, am augenscheinlichsten durch Krücken und geschiente Gliedmaßen, ist die Gefahr, die in diesem Schulalltag lauert. Eine Einführung in die hohe Kunst des Kreuzbandflickens, demonstriert vom Fachmann samt Bohrmaschine an einem Kunstknie unter Assistenz unsicher lächelnder Schülerinnen ist der vielleicht bleibendste Eindruck der 97 Filmminuten.

Nur wenige werden bei Braunstein zu richtigen Protagonistinnen. Sophia Waldauf zählt dazu, eine Alpine aus Tirol, die im vergangenen Dezember ihr Weltcupdebüt feierte, erst jüngst in einem Europacuprennen einen Kreuzbandriss erlitt und bei der Uraufführung von "Stams" anlässlich der Berlinale auf dem roten Teppich stand.

Waldauf war schon im Begriff zu erreichen, was allen Stamsern vorschwebt und Johannes Lamparter schon geschafft hat, der Doppelweltmeister in der nordischen Kombination, der wenige Monate vor seinen Titelgewinnen in Oberstdorf noch in Braunsteins Film in Stams auftaucht – wie ein fleischgewordenes Versprechen. (Sigi Lützow, 22.2.2023)