Der Internetpionier Sir Tim Berners-Lee kann den Reiz von Krypto nicht nachvollziehen.

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Auch wenn die Zeichen für den Kryptomarkt vorübergehend wieder auf Erholung stehen, sind Bitcoin und Co vom Katastrophenjahr 2022 immer noch schwer gebeutelt. Der gute Start ins neue Jahr gibt so manchem Anleger dennoch Grund zur Hoffnung – Hoffnung, die andere nie hegen werden. Ein sehr prominenter Vertreter, der der Krypto-Idee nicht viel abgewinnen kann, ist Sir Tim Berners-Lee. Der Erfinder des World Wide Web bezeichnet Kryptowährungen sogar als "gefährlich" und vergleicht sie mit Glücksspiel.

In einer Episode des CNBC-Podcasts "Beyond The Valley", in der es um die Zukunft des Internets ging, bezeichnete Berners-Lee digitale Währungen als reines Spekulativobjekt und zog Parallelen zur Dotcom-Blase, die im Jahr 2000 geplatzt ist und zu erheblichen Vermögensverlusten von Kleinanlegern führte. "Ich würde meine Zeit nicht damit verbringen wollen, Zeit in Dinge zu investieren, die rein spekulativ sind", so Berners-Lee im Podcast. Er fügte jedoch hinzu, dass digitale Währungen für Geldüberweisungen dann nützlich sein könnten, wenn sie bei Erhalt sofort wieder in FIAT-Währungen umgewandelt würden.

Web 3.0 ist nicht Web3

Was die Zukunft des Internets betrifft, glaubt der Erfinder des WWW jedenfalls auch nicht, dass Blockchain eine wesentliche Rolle spielt. Seiner Ansicht nach sei die Technologie nicht schnell und nicht sicher genug. Schon Ende vergangenen Jahres äußerte er sich kritisch über die "Ethereum-Leute", die die Bezeichnung "Web3" für Dinge übernommen hätten, die "sie mit Blockchain machen". Er lege Wert auf eine genaue Unterscheidung des "Web 3.0" wie er es meint und des "Web3", das nichts damit zu tun habe.

Der Grundgedanke von Berners-Lee hinter "Web 3.0" ist jedenfalls ähnlich: Ein dezentrales Internet soll die konzentrierte Marktmacht weniger Unternehmen auflösen und den Nutzern wieder die volle Kontrolle über ihre Daten zurückgeben. Dies solle aber über eine eigene Open-Source-Initiative namens Solid erfolgen, die keinen Platz für die Distributed-Ledger-Technologie des "Web3" vorsieht. Der Internetpionier glaubt, dass Letztere einfach nicht geeignet dafür sei, die Anforderungen für persönliche Datenspeicher zu erfüllen, wie sie seine Vision vorsieht.

Der von der Queen 2004 geadelte Sir Tim Berners-Lee stellt seine Arbeit konsequent in den Dienst an der Allgemeinheit. Anstatt sich auf gewinnträchtigen Patenten auszuruhen widmete er sich in dem von ihm gegründeten World Wide Web Consortium (W3C) der kontinuierlichen Verbesserung des Web. Er kämpft für Netzneutralität ebenso wie für die Transparenz von Regierungen. "Das Web voranbringen, um die Menschheit zu befähigen", lautet sein Credo. (bbr, 22.2.2023)