Schneemangel betrifft viele Skigebiete, hier in Kals am Großglockner.
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Zu milde Wetterlagen sorgen häufig dafür, dass es im Alpenraum an Schnee mangelt. Das merken Wintersportbegeisterte auch in dieser Saison. Es wird zunehmend unsicher, ob eine für den Schneesport nutzbare Schneedecke durchgehend über die Wintermonate mit technischen Mitteln erhalten werden kann, legte das Expertenforum "Klima, Schnee, Sport" unter österreichischer Beteiligung in seinem neuesten Positionspapier dar. Schneehöhen werden besonders in tiefen und mittleren Lagen abnehmen.

"Es kann auch weiterhin kurzfristige Phasen mit viel Schnee geben", sagte Marc Olefs, der an der Geosphere Austria die Abteilung für Klimafolgenforschung leitet und am Positionspapier beteiligt war. "Aber langfristig werden der Schnee und auch die maximalen Schneehöhen besonders in tiefen und mittleren Lagen, unterhalb von etwa 1.500 Meter Seehöhe, abnehmen."

Jahresschwankungen und langfristiger Trend

Die neuesten Klimaszenarien zeigten demnach zwar "robuste Signale", denen zufolge es im Alpenraum zu mehr Winterniederschlägen kommt. Sie deuten darauf hin, dass die Niederschlagsextreme kurzzeitig intensiver werden – also auch einzelne Schneefälle stärker ausfallen. Über eine ganze Wintersaison gesehen dominiert allerdings die Erwärmung. Langfristig dürfte die mittlere und maximale Schneemenge in allen Höhenlagen abnehmen, prognostizierten die Fachleute.

Dies zeige sich sowohl in den Messungen der vergangenen Jahrzehnte als auch in den Berechnungen für die Zukunft mit regionalen Klimamodellen. Wichtig sei bei Analysen von Schneedaten die Unterscheidung von natürlichen Schwankungen, etwa von Jahr zu Jahr oder über mehrere Jahre, und dem langfristigen Trend, der durch den von Menschen und Industrie verursachten Klimawandel massiv verstärkt werde.

Fortschritte der Klimaforschung

2019 wurde von dem Expertenforum unter Mitarbeit von 14 Klima- und Sportforschungseinrichtungen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz das erste Positionspapier zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den Wintersport erstellt. Seit diesem Winter liegt eine aktualisierte Fassung vor, wurde am Mittwoch bekanntgegeben. Aus Österreich beteiligt waren Geosphere Austria (damals Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, ZAMG), das Institut für interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, das Institut für Geografie der Universität Innsbruck und das Schneezentrum Tirol am Managementcenter Innsbruck.

"Seit der Veröffentlichung des ersten Positionspapiers im Jahr 2019 sind in der Klimaforschung große Fortschritte erzielt worden, und viele Aussagen lassen sich nun mit noch größerer Sicherheit treffen", sagte Olefs. "Unser Anliegen ist, die Basis für eine sachliche, fachübergreifende Zusammenarbeit zu legen, um für Natur, Mensch und Wirtschaft langfristig optimale Maßnahmen zu treffen."

Wissenschaftsbasierte Ziele

Auf Basis aktuell geplanter globaler Klimaschutzmaßnahmen werde sich die Jahresmitteltemperatur im Alpenraum und bis zum Ende des Jahrhunderts mit großer Wahrscheinlichkeit um mindestens weitere zwei Grad erhöhen, betonte der Klimaexperte. Jede weitere zukünftige Emission heize das Klima weiter an.

"Es liegt im langfristigen Interesse des Schneesports, wissenschaftsbasierte Ziele für Klimaschutz und Anpassung in allen Sektoren umzusetzen, in der gemeinsamen Verantwortung für kommende Sportgenerationen", sagte Ralf Roth, Initiator des D-A-CH-Netzwerks "Klima, Schnee, Sport" von der Deutschen Sporthochschule Köln.

Das Expertenforum sieht für die gesamte Branche im Bereich Wintersport einige wichtige Punkte, um aktiv den Herausforderungen des menschengemachten Klimawandels zu begegnen. Dazu müsse man etwa CO2-Bilanzen in allen relevanten Sektoren erstellen und das Eindämmen klimaschädlicher Praktiken als Grundlage für Geschäftsentscheidungen nehmen. Auch brauche es standortbezogen und fachübergreifend Vulnerabilitätsanalysen zur nachhaltigen Strategieentwicklung, nachhaltige technologische und organisationale Innovationen und diversere Angebote.

Forschungsbedarf

Die Fachleute erachten es auch als wichtig, Themengebiete, in denen noch Forschungsbedarf vorhanden ist, zu definieren. Es gibt auch Anzeichen, dass der Klimawandel die atmosphärische Zirkulation ändert und dass bestimmte Wetterlagen länger andauern können – sowohl Niederschlagsphasen als auch Trockenphasen. In diesem Bereich sei es den Fachleuten zufolge besonders wichtig, weiterzuforschen, um die Effekte besser zu verstehen und abzuschätzen.

Des Weiteren besteht Forschungsbedarf bei Fragen der regionalen Entwicklung des Klimas in den unterschiedlichen Höhenlagen, vor allem beim Niederschlag, wo die Datenlage noch nicht so zuverlässig wie bei der Temperatur ist. Ein anderes Beispiel sind lokale Effekte, die für sprunghafte Änderungen sorgen können, etwa bei der Schneefallgrenze.

Wo und wann künstlich Schnee auf die Pisten gebracht werden soll, wird aufgrund des Energieaufwands gesellschaftlich und politisch immer hitziger diskutiert. Den Fachleuten zufolge müsse das Schneemanagement besser evaluiert werden. Moderne Methoden wie automatisiertes Monitoring, Modellierungen, Fernerkundungen und der Einsatz künstlicher Intelligenz werden hierfür empfohlen. (APA, red, 22.2.2023)