Der angeklagte Polizist musste sich nach längeren juristischen Tauziehen nun doch wegen fahrlässiger Tötung vor dem Bezirksgericht Tamsweg verantworten.

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Ein Polizist, der bei einer Verfolgungsjagd im Lungau einen 15-jährigen Mopedlenker überfahren und getötet hatte, musste sich am Mittwoch am Bezirksgericht Tamsweg verantworten. Der Jugendliche war einer Polizeistreife aufgefallen, weil er zu schnell und ohne Licht unterwegs war. Nach einem Funkspruch kam eine zweite Streife zu Hilfe und verfolgte den 15-Jährigen mit dem VW-Transporter. Auf einem Feldweg in Göriach stürzte der Mopedlenker schließlich und wurde von dem nachfolgenden Polizeibus überrollt.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 45-jährigen Polizisten fahrlässige Tötung vor, da dieser als Lenker unter Außerachtlassung der Sorgfalt fahrlässig den Tod herbeigeführt habe, da er nicht genug Abstand gehalten habe. Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig und sprach von einem Unfall. Die Richterin entschied, dass sich der Mann sehrwohl fahrlässig verhalten habe und verurteilte ihn zu zwei Monaten bedingte Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

"Es tut ihm unendlich leid, was passiert ist. Er hat unmittelbar Wiederbelebungsversuche gestartet, 15 Minuten lang, welche vorerst auch erfolgreich waren", betonte sein Verteidiger Kurt Jelinek. Der Polizist habe das Moped mit nur 30 Stundenkilometern verfolgt und das mit gleichbleibendem Abstand. "Das hätte jedem einzelnen Polizisten in ganz Österreich passieren können", sagt Jelinek. "Diese tragische Situation ist nicht auf die Polizisten zurückzuführen. Das Moped war aufgerüstet und ist über hundert gegangen." Aus strafrechtlicher Sicht sei sein Mandant freizusprechen, betonte der Verteidiger.

Polizist bekannte sich nicht schuldig

Der angeklagte Polizist sagte im Verfahren nur drei Sätze: "Ich möchte mein tiefstes Bedauern der Familie ausdrücken. Es war ein Unfall. Ich bekenne mich nicht schuldig." Darüber hinaus wollte sich der 45-Jährige nicht äußern und verwies auf seinen Rechtsanwalt. Schon als er vor der Polizei als Beschuldigter einvernommen wurde, machte er keine Aussage.

Zum Unfallhergang lieferte die als Zeugin geladene Kollegin folgendes Bild: "Das Hinterrad ist nach rechts weggerutscht, und er stürzte. Es wurde sofort gebremst, aber dann war es schon passiert. Wir sind ausgestiegen und haben sofort Erste Hilfe geleistet", schilderte eine 24-jährige Polizistin, die beim Vorfall auf der Rückbank saß. Die Befragung nahm die junge Polizistin sichtlich mit – sie kämpfte mit den Tränen. Der Angeklagte habe Mund-zu-Mund-Beatmung gemacht, "er wollte nicht damit aufhören", und der Bursche sei auch wieder zu sich gekommen, sagte sie auf die Frage des Verteidigers.

Der Beifahrer, ein 37-Jähriger, der nun nicht mehr als Polizist tätig ist, erklärte, dass der Bursche bei einem Wechsel zwischen den beiden Spurrinnen des Feldwegs gestürzt sei. Auch er kämpfte mit den Tränen. Sein Kollege habe eine unmittelbare Vollbremsung eingeleitet. "Nach dem Unfall sind wir sofort ausgestiegen und haben Erste-Hilfe-Maßnahmen gesetzt."

Die Mutter des Verstorbenen warf ihnen vor, sie hätten anders reagieren können. Weil ihnen der Name des Lenkers bekannt gewesen sei, hätte man die Verfolgung abbrechen können. Opfer-Anwalt Stefan Rieder meinte, "hätte die Polizei ihn nicht derart verfolgt, wäre der Bursch nicht so schnell gefahren und auch nicht gestürzt".

Ringen um Zuständigkeit

Dem Prozess ging ein monatelanges gerichtliches Tauziehen voraus. Nachdem der Sachverständige Gerhard Kronreif sein Gutachten erstellt hatte, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren zunächst ein. Der Anwalt der Hinterbliebenen des Burschen erreichte jedoch eine Wiederaufnahme. Der Polizist wurde wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Das Bezirksgericht Tamsweg sah sich daraufhin nicht zuständig, da es sich um grob fahrlässige Tötung handle – wofür das Salzburger Landesgericht zuständig ist. Verteidiger Kurt Jelinek wiederum erreichte, dass der Fall doch in Tamsweg verhandelt wird. Die Strafdrohung für fahrlässige Tötung liegt bei einem Schuldspruch bei bis zu einem Jahr Haft. Für grob fahrlässige Tötung hätten bis drei Jahre Gefängnis gedroht. (Stefanie Ruep, 22.2.2023)