Im Linzer Stadtmuseum Nordico sollen Besucherinnen die Möglichkeit haben, einen Abdruck ihrer Vulva in Gips gießen zu lassen. Nicht alle sind davon begeistert.

Foto: Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch (MUVS)

Die Vulva sorgt für Aufregung. Oder besser gesagt, regt sich die FPÖ Linz über die Vulva auf. Sie sieht in ihrer Existenz sogar einen Affront gegen die Frau. Dass das weibliche Geschlechtsorgan von Workshop-Teilnehmerinnen im Zuge der Ausstellung "What the Fem*?" im Linzer Stadtmuseum Nordico in Gips gegossen und ausgestellt werden soll, ist für FPÖ-Frauensprecherin Martina Tichler eine Reduktion der Frau auf die Vulva unter dem Mantel des Feminismus.

Man fragt sich, wie es sein kann, dass die Vulva im Jahr 2023 immer noch für so viel Aufregung sorgt. Tatsächlich besteht aber immer noch großer Aufholbedarf, was das Wissen über sie betrifft. Das beginnt schon damit, was alles dazugehört und wie sie genau aussieht. "Zur Vulva gehören die Vulvalippen, die Klitoris und der Venushügel bis nach hinten zum Damm", erklärt Nicole Siller, diplomierte psychologische Beraterin, klinische Sexologin, systemischer Coach und Mediatorin. Das wissen immer noch viel zu wenige, weil es auch in der Schule nicht gelehrt wurde. Tatsächlich ist die Vulva erst seit 2022 in den Schulbüchern korrekt abgebildet und zeigt die volle Ausbreitung der Klitoris. Diese ist nämlich keineswegs nur die kleine sichtbare Kugel, ihre Schenkel ziehen sich durch die gesamten Vulvalippen, bis hin zum Eingang der Vagina.

Cunnilingus im Film

Dieses eingeschränkte Wissen wird auch von der Populärkultur gestützt, Sex etwa ist zum Großteil in Filmen und Serien immer noch als reine Penetration dargestellt, manchmal küssen sich die Paare zumindest davor. Siller freut sich deshalb, dass es jetzt "erste Ansätze gibt, auch die Klitoris oder Cunnilingus im Film zu zeigen und darzustellen". Filme wie "Meine Stunden mit Leo" mit Emma Thompson, die sich als pensionierte Ethiklehrerin auf die Suche nach ihrem Orgasmus macht, hält sie dabei für besonders wertvoll. Denn Siller weiß: "In meinen Kursen sitzen immer wieder Frauen, die – ob in jungen Jahren oder mit 40, 50 oder auch 60 Jahren – noch nie einen Orgasmus hatten. Das Gute ist aber, dass es nie zu spät ist, sich auf die Suche nach der eigenen wohltuenden, freudigen Sexualität zu machen."

Das ist deshalb so wichtig, weil es dabei immer noch enorm viele Tabus gibt. Mädchen – und natürlich auch Buben – werden davon abgehalten, sich selbst zu berühren, man sagt ihnen, das sei pfui. "Oder Mädchen dürfen nicht mehr auf den Knien vom Papa schaukeln, weil da bekommen sie einen roten Kopf und ein glückliches Gesicht. Das sind keine erfundenen Geschichten, ich höre so etwas immer wieder in meiner Praxis", erzählt Siller. "Dabei ist das einfach nur natürliches Körperlernen und Körpererfahrung."

Und nichts anderes bietet der Workshop im Linzer Nordico an. Genau hier liegt aber auch die politische Dimension, die offensichtlich als Bedrohung wahrgenommen wird. "Wenn Mädchen und Frauen ihre Sexualität frei und authentisch ausleben und genießen können und nicht durch Tabus oder Klischees gehemmt werden, dann emanzipiert man sich auch im Leben. Man kann dann nicht mehr rausgehen und ein Mäuschen sein." Das scheint zu provozieren.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Keine Designer-Vulva

Diese Selbstermächtigung ist auch deshalb so wichtig, weil mittlerweile neue prägende Klischees und Vorstellungen entstehen, die Frauen in ihrer Selbstverständlichkeit einschränken. Auch die Vulva soll mittlerweile bestimmten optischen Kriterien entsprechen, die inneren Vulvalippen sollen durch die äußeren verdeckt, beide Seiten symmetrisch sein. Tun sie das nicht, wird durchaus auch mit plastischer Chirurgie nachgeholfen. Dabei ist es wichtig, dass diese Möglichkeit besteht, es gibt nicht wenige Frauen, die etwa durch eine übergroße Lippe Schmerzen haben, weil sie eingeklemmt wird und sich entzündet.

Doch das ist mit äußerster Vorsicht zu behandeln, weil die Vulvalippen enorm wichtig sind für eine gute Sexualität, immerhin verlaufen dort auch die Klitorisschenkel. Diese sollte auf keinen Fall beschnitten werden, um irgendwelchen vermeintlichen Schönheitskriterien zu entsprechen. "Wir haben unterschiedliche Gesichter und Fingerabdrücke, und genauso ist es mit der Vulva. Die Form, die Farbe, es gibt unendlich viele Variationen, und alle sind schön", betont Siller. Es ist wichtig, dass man das sieht, findet sie. Und genau das soll im Linzer Nordico passieren. Zum Glück sehen das auch alle außer der FPÖ so. (Pia Kruckenhauser, 23.2.2023)