Leon bei der Klebeaktion beim Praterstern.

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Klimaaktivistin Marina im Interview mit ORF-Reporterin Lisa Gadenstätter.

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Wien – Bei den Protestaktionen der Letzten Generation muss es schnell gehen: Grünphase abwarten, Warnweste anziehen, hinsetzen, Banner ausrollen und festkleben. In der "Dok 1"-Reportage "Die Klima-Kleber" – zu sehen am Mittwoch um 20.15 Uhr in ORF 1 – ist Reporterin Lisa Gadenstätter bei der Aktion am Wiener Praterstern live dabei. Innerhalb kürzester Zeit geht dort nichts mehr. Ein junger Mann wütet gegen die Aktivisten, versetzt Klimakleber Leon einen Fußtritt von hinten. Leon kommt aus Graz, studiert Physik, arbeitet als Fahrradbote und ist erst seit wenigen Monaten bei der Letzten Generation dabei. Noch hat er sich nicht festgeklebt, das passiert erst, wenn die Polizei eintrifft. Aus Sicherheitsgründen, denn so können sich die Aktivistinnen und Aktivisten im Notfall vor Angriffen wehren.

Aus Achtung vor sich selbst

Die Aktionen der Klimaschützer lassen niemanden kalt. Vereinzelt gibt es Lob, aber die Beschimpfungen überwiegen. Zumindest äußerlich reagieren die Aktivisten gelassen. Eine von ihnen ist Marina, sie arbeitet in Vorarlberg als IT-Managerin. Warum sie das alles hier in Kauf nimmt? "Das, was wir als Gesellschaft durch die Klimakrise erwarten müssen, ist viel schlimmer als eine kalte Hand und ein bisschen Superkleberrest."

Sie investiert ihre freie Zeit und ihren Urlaub in den Klimaaktivismus. "Ich würde die Achtung vor mir selber verlieren, wenn ich nichts tun würde", sagt sie. Unterstützung bekommt Marina von ihrer Mutter, die es "beschämend" findet, dass darüber nachgedacht werde, die Klimaproteste zu kriminalisieren. "Es ist so, als würde man bei einem brennenden Haus diejenigen, die am lautesten schreien, wegen Ruhestörung anzeigen. Es werden nach wie vor die Überbringer der schlechten Nachricht geköpft und nicht die Verursacher", sagt sie.

Ziviler Widerstand

Lisa Gadenstätter besucht auch ein "Aktionstraining" der Letzten Generation, dort werden Einsätze geübt oder auch Wordings gegenüber der Presse besprochen. Seit Jänner habe es rund 300 neue Anmeldungen gegeben, rechnet Gadenstätter in der Sendung vor. "Wir wollen keine Sachbeschädigung, aber wir stören den Alltag. Zivilen Widerstand sehen wir als notwendiges Mittel. Zivil heißt, wir gehen mit Gesicht und Namen in die Aktion, wir stellen uns auch den Konsequenzen. Wir tun das, weil wir noch Hoffnung haben. Und ziviler Widerstand ist nicht dazu da, beliebt zu sein", erklärt der Trainer. Zu Wort kommt auch ein Wissenschafter, der die Klimaaktivisten unterstützt und auf die Dringlichkeit des Themas hinweist: "Ihre Maßnahmen schaffen es annähernd, die Dringlichkeit zu vermitteln. In der Wissenschaft haben schon sehr viele resigniert, viele sehen nicht, wie wir das noch drehen können."

Welche Strafen die Aktivistin Marina davon abhalten würden, weiter mit ihren Aktionen für den Klimaschutz einzutreten? "Die Todesstrafe", sagt sie. Nach der Aktion am Praterstern wird sie mit dem Polizeibus in das Anhaltezentrum Rossauer Lände gebracht. Zwölf Stunden wird sie dort festgehalten. (Astrid Ebenführer, 22.2.2023)