Am Mittwoch hat Chinas Topdiplomat Wang Yi in Moskau Russlands Präsidenten Wladimir Putin getroffen.

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Von der Entspannung in den US-amerikanisch-chinesischen Beziehungen ist mittlerweile nichts mehr zu spüren. Die Tatsache, dass der chinesische Topdiplomat Wang Yi nun bei seinem Russland-Besuch auf Präsident Wladimir Putin trifft und Chinas Staatschef Xi Jinping am Freitag sogar eine Friedensinitiative vorstellen will, sorgt im Westen für Unmut. Anstatt den Vorstoß ernst zu nehmen, warnte US-Verteidigungsminister Antony Blinken Anfang der Woche China davor, Waffen nach Russland zu liefern. Das Finanzministerium wiederholte dies am Dienstag nochmals: Sollten chinesische Unternehmen wichtige Tech-Komponenten nach Russland liefern, würde man umgehend Sanktionen verhängen.

In China dagegen beharrt man weiterhin auf der Rolle als neutraler Vermittler. Die USA seien "in keiner Position, China zu belehren", ließ die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua vermelden. Es seien schließlich die USA, die "Waffen auf das Schlachtfeld regnen ließen".

Berichten zufolge wolle Xi Jinping am Freitag zu einer friedlichen Lösung des Konflikts aufrufen. Sogar von einem persönlichen Besuch Xis in Moskau war zunächst die Rede gewesen. Dieser aber solle erst im Mai oder April erfolgen, anlässlich des Jahrestags des sowjetischen Sieges über Nazi-Deutschland.

Peking ist derzeit an einer Entspannung der Beziehungen zu Washington interessiert. Das hat vor allem innenpolitische und wirtschaftliche Gründe. Das im Oktober von den USA verhängte Halbleiter-Embargo beginnt zu greifen und trifft die chinesische Wirtschaft an einer empfindlichen Stelle. Der Binnenkonsum lahmt nach den Corona-Lockdowns, und die Immobilienkrise schwelt weiter vor sich hin. Zumindest eine Verschnaufpause im Handelskrieg mit dem großen Rivalen liegt in Pekings Interesse. Die jüngste Affäre um die Spionageballons aber hat die Hoffnungen auf Entspannung platzen lassen.

Felsenfeste Beziehungen

Nicht so gut angekommen sein dürfte auch die Äußerung Wang Yis gegenüber Nikolai Patruschew vom russischen Sicherheitsrat, wonach die Beziehungen zwischen China und Russland "felsenfest" seien. Dies dürfte viele an Putins Besuch in Peking anlässlich der Olympischen Spiele kurz vor der russischen Invasion erinnert haben. Dort hatten beide Staatschefs ihre Freundschaft als "grenzenlos" bezeichnet. Patruschew revanchierte sich, indem er sagte: "Ich möchte unsere anhaltende Unterstützung für Peking in Bezug auf Taiwan, Xinjiang, Tibet und Hongkong bekräftigen."

Wang war nach der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende zu Besuchen in Frankreich, Italien und Ungarn aufgebrochen. Am Dienstag traf er dann in Moskau ein. Am selben Tag hatte Peking zudem ein Konzept zu einer "Globalen Sicherheitsinitiative" veröffentlicht. Darin enthalten sind 20 Eckpunkte, die zu einer friedlicheren globalen Sicherheitsarchitektur beitragen sollen.

Welche Rolle Peking wirklich im Ukraine-Konflikt spielt, ist nicht eindeutig. Peking betonte mehrmals, wie wichtig die territoriale Integrität jedes Staates sei, und lehnt jede "Einmischung in innere Angelegenheiten" ab. China beteiligt sich wie nahezu alle Staaten des globalen Südens nicht an den westlichen Sanktionen gegenüber Russland, sondern kauft seit bald einem Jahr russisches Gas und Öl "verbilligt" ein. Xi Jinping hatte bereits mehrmals vor einer nuklearen Eskalation des Krieges gewarnt.

Moskau wie Peking haben zudem einige gemeinsame geopolitische Interessen, zum Beispiel den US-Dollar als Leitwährung abzulösen. Eine wertebasierte Allianz aber ist die "grenzenlose Freundschaft" nicht: In den zentralasiatischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion ringen sowohl Russland als auch China um Einfluss. (Philipp Mattheis, 22.2.2023)