Vor allem in Sachen Software gilt es aufzuholen – das soll nun eine Kooperation mit Google lösen.

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Mercedes-Benz setzt bei seiner Software auf Partner und will bei Navigationsdiensten künftig Google nutzen. Der deutsche Autobauer ging für sein neues MB.OS-Betriebssystem eine Partnerschaft mit dem US-Online-Dienst ein, der es den Autofahrern ermöglicht, direkt auf die Google-Dienste zuzugreifen, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. Auch andere Dienste sollen zugänglich sein.

Zugleich will der Luxusautobauer dem Fahrer ab Mitte des Jahrzehnts mit dem neuen Betriebssystem mehr Arbeit abnehmen und rüstet seine Autos mit neuen Chips für das autonome Fahren aus. "Jeder einzelne Mercedes ab diesem Zeitpunkt wird einen Supercomputer in sich haben", sagte Mercedes-Chef Ola Källenius auf einer Investorenveranstaltung im kalifornischen Sunnyvale.

Supercomputer

So können Mercedes-Fahrer auf Verkehrsmeldungen von Google zugreifen und Youtube-Videos ansehen, wenn das Auto geparkt hat oder autonom fährt. Källenius sagte, Mercedes sei der Architekt seines eigenen Betriebssystems. "Das bedeutet, wir bestimmen in jedem Detail, wie es ausgebaut ist. Wir integrieren zudem führende Technologiepartner, um schneller, größer und effizienter zu werden." Das neue Betriebssystem soll Mitte des Jahrzehnts auf den Markt kommen. Mercedes-Benz setze dabei auf die Partner, behalte aber die volle Kontrolle über die Kundenbeziehung und den Datenfluss. "Wir sind die Eigentümer des Systems", betonte Källenius.

Mercedes-Benz verspricht sich von seinem neuen Betriebssystem Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe: Finanzchef Harald Wilhelm sagte, bis Ende des Jahrzehnts dürften die Erlöse um einen hohen einstelligen Milliardenbetrag steigen. Vor allem von Dienstleistungen mit autonomen Fahren versprechen sich die Stuttgarter höhere Einnahmen. Mit dieser Prognose ist Mercedes zurückhaltender als andere Autohersteller wie Stellantis oder General Motors. "Wir wählen eine vorsichtige Herangehensweise, weil keiner im Moment sagen kann, wie groß die Goldmine ist", sagte Källenius. 2022 erwirtschaftete Mercedes-Benz Software-Erlöse etwa mit Navigationsdiensten in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro.

Kooperation mit Nvidia

Fortschritte kündigte Mercedes-Benz beim Thema Autonomes Fahren an. Die Stuttgarter bieten derzeit autonome Fahrfunktionen des Level 3 – bei dem der Fahrer die Hände vom Steuer nehmen darf, aber im Notfall jederzeit einschreiten können muss – in eng umgrenzten Situationen an. Bislang haben die Stuttgarter die nötigen Zulassungen in Deutschland und in Nevada erhalten.

Ziel sei es, diese Funktionen auch bei Geschwindigkeiten von bis zu 130 Stundenkilometern zu ermöglichen, erklärte Mercedes-Benz. Dabei sollen zum einen die Chips des US-Herstellers Nvidia zum Einsatz kommen, welche eine höhere Rechenleistung versprächen. Von der Partnerschaft erhofft sich Mercedes-Benz schnellere Entwicklungszyklen und niedrigere Kosten; dafür sollen die Erlöse aus dem Geschäft mit autonomen Diensten geteilt werden.

Zum anderen sollen Laserscanner des Lidar-Experten Luminar zusätzliche Daten liefern. Luminar sprach von einem Multimilliardenauftrag für die Scanner, die ab Mitte des Jahrzehnts genutzt würden. An der Börse kam das gut an: Die Luminar-Aktien schnellten um mehr als ein Viertel nach oben.

Tech-Konzerne von Google bis Apple und Amazon ringen derzeit um einen größeren Einfluss im Autogeschäft. Hersteller wie General Motors, Renault, Nissan oder Ford setzen in ihren Fahrzeugen auf das Google-Paket "Google Automotive Services" (GAS), das unter anderem Karten- und Sprachassistenzdienste beinhaltet. Andere Autobauer wie BMW betonen dagegen, die volle Kontrolle über die Fahrzeugdaten behalten zu wollen. (Reuters, 23.2.2023)