Russia Today wurde im März 2022 sanktioniert. Eine Studie zeigt, dass die Videos dennoch auf Youtube verfügbar sind.

Foto: Reuters, MAXIM SHEMETOV

Vor fast genau einem Jahr überfällt Russland die Ukraine. Der Krieg, der von Russland als "Spezialoperation" bezeichnet wird und lediglich drei Tage hätte dauern sollen, wird nicht zuletzt durch staatliche Propaganda gestützt und ermöglicht. In Anbetracht der rasanten Verbreitung von Falschinformationen erließ die EU im März 2022 Sanktionen – unter anderem gegen das vom Kreml finanzierte Nachrichtenportal Russia Today und dessen deutschen Ableger RT DE. Dennoch findet die Kreml-Propaganda immer noch Schlupflöcher, um die Sanktionen zu umgehen.

Zahlreiche PropagandaVideos auf Youtube

Eine Studie von "News Guard", einem amerikanischen Tracking-Center für Falschinformationen über den Krieg in der Ukraine, zeigt nun, dass das Verbot der Plattform regelmäßig umgangen wird. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine wurden auf RTD.RT, dem Dokumentarkanal von RT, über 50 Filme hochgeladen, in denen Desinformation zum Krieg verbreitet wird. Das entspreche in etwa einem Film pro Woche seit dem 24. Februar 2022. Die "Dokumentationen" seien kostenlos verfügbar und in Russisch und Englisch, zum Teil auch in Französisch und Spanisch abrufbar.

Obwohl Youtube im März 2022 russische Staatsmedien weltweit von der Plattform verbannt hat, konnte "News Guard" über 250 Uploads von RT-Dokus auf über 100 Youtube-Kanälen ausfindig machen. Insgesamt seien die Videos über eine halbe Million Mal aufgerufen worden. In ungefähr 200 der Clips war das RTD-Logo klar erkennbar, in 50 wurde das Logo entfernt, vermeintlich, um das Verbot durch Youtube zu umgehen.

Bekannte Falschinformationen

In den Videos werden bekannte Falschinformationen zur Ukraine wiederholt, beispielsweise dass die Maidan-Revolutionen 2014 ein vom Westen unterstützter Staatsstreich gewesen seien oder dass die ukrainischen Behörden an der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass einen "Völkermord" begangen hätten. Auch Vorwürfe, dass der Nationalsozialismus in der ukrainischen Politik und Gesellschaft weitverbreitet sei, werden in den Clips unbeirrt verbreitet. Diese und über 100 weitere Vorwürfe hat "News Guard" bereits in einem Desinformations-Tracker widerlegt.

Glaubwürdigkeit der Ukraine soll untergraben werden

"Diese Schlüsselerzählungen in der russischen Desinformationskampagne zielen darauf ab, die Glaubwürdigkeit der Ukraine zu untergraben und die Ukraine zu dämonisieren", sagt Madeline Roache, eine Autorin der Studie, in einem Interview mit dem "Guardian". "Sie sind Teil eines größeren Versuchs, die internationale Unterstützung für das Land zu untergraben."

Margarita Simonyan, Chefredakteurin des Medienunternehmens hinter Russia Today, gilt als zentrale Figur der russischen Propagandamaschine. Bereits im April 2022 kündigte Simonyan an, dass man Videos ohne Logo hochladen und so sicherstellen könne, dass die Videos ein paar Tage online bleiben, bevor sie entdeckt und gelöscht würden. In einem Clip erklärt sie die Strategie offen gegenüber staatlichen Medien.

"Ohne unsere Marke zu verwenden, eröffnen wir einen Youtube-Kanal, der in wenigen Tagen millionenfach aufgerufen wird", sagte Simonyan im April 2022 gegenüber staatlichen Medien.

Laut dem "Guardian" antwortete RT bisher nicht auf die Anfrage, ob es hinter den in der Studie zitierten Accounts stecke. Youtube habe die Ergebnisse der Studie nicht bestritten, erklärte aber, dass die Plattform bereits mehr al 9.000 Kanäle und über 85.000 Videos mit Bezug zum Ukraine-Krieg gelöscht habe. 81 der 250 entdeckten Videos seien ebenfalls bereits gelöscht worden.

Umgehung der Sanktionen ist ein bekanntes Problem

Der Umstand, dass russische Sender die Sanktionen umgehen, wird bereits länger beobachtet. So berichtet das Recherchezentrum "Correctiv" bereits im November von "Spiegelseiten" – also Kopien von Webseiten wie RT DE, über die prorussische Inhalte verbreitet werden. Recherchen von "Correctiv" zufolge würden – zumindest in Deutschland – die unter Sanktionen fallenden Inhalte zwar von Internetanbietern gesperrt, die entsprechende Liste der Bundesnetzagentur werde aber "auf Grundlage sporadischer Arbeit" erstellt und Sperren seien, laut einem IT-Experten, "mit wenigen Handgriffen zu umgehen". (Lisa Haberkorn, 23.2.2023)