Im weißgekachelten mythologischen Weltbecken darf jeder einmal probieren, Menschen zu erschaffen. Aber selbst Zeus (Thomas Frank, mit Karola Niederhuber) hat wenig Fortune.

Foto: Bettina Frenzel

Schon wieder Endzeitstimmung am Dramenhimmel? Nope. In Nele Stuhlers Stück Gaia rettet die Welt greift die Menschheit zwar nach dem Aussterben. Zugleich aber hüpft dieser Text schwerelos und undiszipliniert wie ein Tischtennisball durch die Gegend und erzählt vom Finale in einer flockigen Groteske.

Erdmutter Gaia (Aline-Sarah Kunisch) hat vom Schöpfen die Nase voll. Zumindest ist sie so demotiviert, dass sie nur noch schläft und höchstens ein paar ihrer Pflänzchen noch persönlich gießt. Andere sollen jetzt ran, um jene Spezies zu kreieren, die von sich als Menschen und damit höheren Lebewesen spricht.

Gamsiger Mähdrescher

Einer traut sich das gleich zu. Zeus (Thomas Frank) himself tritt auf den Plan und macht Hokuspokus. Der Göttervater geht ja sonst vorwiegend in unterschiedlichen Verkleidungen mit seinen vielen "Päckchen göttlichen Samens" hausieren – daraus macht Frank herzhaften Slapstick. Auch Stuhlers Witz kommt nicht von schlechten Eltern: Einmal nähert sich Zeus gar als gamsiger Mähdrescher dem Getreide! Ein Bild, das Regisseurin Maria Sendlhofer gern der eigenen Vorstellung überlässt. Ihre Inszenierung der österreichischen Erstaufführung gewährt dem pfiffigen Text notwendigerweise viel Raum, hängt aber manchmal etwas durch, und man hätte wohl gut daran getan, mehr zu kürzen, um dafür den Sprachwitz noch präziser auszustellen.

Im Kosmos-Theater Wien spielt sich alles in einem weißgekachelten Weltbecken ab, zu dem auch die Publikumsränge gehören – wir dürfen uns zur Aussterbespezies dazuzählen. Mythos (Karola Niederhuber) hat hier als Showmasterin mit langer Textschleppe die Erzähl- und Kontrollfunktion (Bühne/Kostüm: Tanja Maderner). Die Sonne (Hannah Joe Huberty) versieht säuerlich ihren Dienst. Athene (Helena Vogel) und Prometheus (Martin Hemmer) haben ebenso Bartleby-Allüren und wollen lieber nichts mit der Menschenschöpfung zu tun haben.

Polymere im Meer

In einem unachtsamen Moment aber passiert es, der Mensch ist plötzlich da und will das Ruder übernehmen. Die Folgen kennen wir: Polymere statt Thunfisch in den Meeren, Bäumesterben, Sich-selbst-zum-Wolf-Werden. Und schon ist ihre Zeit auch schon wieder abgelaufen. Beschwingt wollen sie sich selbst retten ("Wie sieht’s aus, kleine Maus?"), scheitern aber – Überraschung: an sich selbst. Schelmischer ging das Anthropozän bis dato noch nicht zu Ende. (Margarete Affenzeller, 23.2.2023)