Ex-Landesrat Christian Ragger glaubt, dass ihm manche Parteifreunde "böse" sind.

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Nach außen hin befindet sich die Kärntner FPÖ mit ihrem Spitzenkandidaten Erwin Angerer im Endspurt des Landtagswahlkampfs. Gemeinsam treten die blauen Kameraden gegen politische Mitbewerber mit dem Slogan "Kärnten zuerst. Mit Sicherheit" an.

Ganz so sicher, dass das Wohl des Landes bei der FPÖ an erster Stelle steht, sind sich aber innerhalb der Partei offenbar nicht alle. Ein Konvolut von insgesamt fünf Sachverhaltsdarstellungen und Strafanzeigen, in dem mehrere prominente Parteifunktionäre vorkommen, macht nämlich seit Monaten immer wieder die Runde.

Strafanzeigen

DER STANDARD erhielt die Anzeigen gemeinsam mit einem dicken Packen an Unterlagen wie Rechnungen und Banküberweisungen mit einem anonymen Begleitbrief. "Wir verfolgen Ihre Berichterstattung zum Grazer Finanzskandal. Anbei die Unterlagen, die belegen, dass sich dasselbe auch in Kärnten abspielt", steht da ebenso wie der Hinweis, dass alle Unterlagen an die Justiz ergangen seien. Das Schreiben schließt mit: "Alle Vorstandsmitglieder wissen Bescheid. Alle schauen weg!"

Auf Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt gingen alle fünf Anzeigen tatsächlich im Februar 2022 dort anonym ein, doch sie wurden allesamt im Juli 2022 eingestellt. "Weil sie alle verjährt waren", wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, Tina Frimmel-Hesse, betont.

Massive Vorwürfe

Der Zeitraum, um den es sich handeln soll, erstreckt sich nämlich über die Jahre 2014 bis 2016. Die Liste der im Raum stehenden Delikte ist lang. Es geht etwa um Betrug, Untreue, um Dokumentenfälschungen, falsche Rechnungslegungen, um Bilanzfälschung, Einkommensteuerhinterziehung, illegale Parteienfinanzierung und Korruption.

Rund 80.000 Euro sollen im fraglichen Zeitraum veruntreut worden sein. Im Vergleich mit dem Finanzskandal der Grazer FPÖ, in dem mittlerweile wegen knapp zwei Millionen Euro ermittelt wird, freilich vergleichsweise wenig. Es gilt die Unschuldsvermutung für alle Genannten. Dem Landesfinanzreferenten der Kärntner FPÖ, Helmut Fürstauer, wird außerdem in einer eigenen Anzeige vorgeworfen, bei der Übernahme seiner Funktion von seinem Vorgänger Harald Trettenbrein nichts für eine Aufklärung der Malversationen unternommen zu haben.

Dazu meint Fürstauer im STANDARD-Gespräch: "Ich bin erst 2021 Finanzreferent geworden, hab’ die Anzeige trotzdem ernst genommen und intern noch einmal recherchieren lassen und auch einen Steuerberater alles prüfen lassen, da ist rausgekommen, dass es keine Ungereimtheiten gibt." Die ganze Causa sei "ein totes Pferd".

Außensicht

Gefragt, ob durch die Verjährung der Fälle nicht der Eindruck entstehen könnte, dass hier viel Geld abgezweigt wurde, aber es zu lange her sei, um noch irgendwen zu belangen, meint der Rechtsanwalt Christian Ragger, ehemaliger Landesrat und seit 2017 blauer Nationalratsabgeordneter: "Natürlich kann das in der Außensicht so aussehen, aber es wurde ja alles intern aufgearbeitet."

Ragger tauchte in vier der fünf Anzeigen auf und meint zu wissen, wer das "tote Pferd" aus dem Stall geholt habe. Er habe "2013 persönlich für eine Million Euro für die FPÖ Kärnten gehaftet" und die Parteifinanzen von 2013 bis 2016 saniert und mit "einer schwarzen Null" übergeben. Weil er damals langfristige Verträge gecancelt habe, um zu sparen, seien ihm manche "böse und wollen mir eins auswischen", erzählt Ragger dem STANDARD. Deswegen, aber auch weil er "als einer von wenigen extrem viele Kärntner Stimmen bei der Nationalratswahl geholt habe", sagt der Lavanttaler Ragger.

Inhaltsloses Programm

Auch einzelne Vorwürfe will er aufgeklärt haben – etwa jenen um ein inhaltsloses siebenseitiges "Regierungsprogramm", für das die Freiheitliche Werbeagentur (einst Connect) laut Unterlagen 50.000 Euro verrechnet hatte. Dieses sei nur "ein Entwurf gewesen", sagt Ragger. Auf die Frage, wo das richtige dann zu lesen sei, meint er: "Ich glaube nicht, dass das noch da ist, das ist vor Jahren im Regierungsprogramm verarbeitet worden."

Auch den Vorwurf, dass man gemeinsam mit dem Autor des Buches Haiders Schatten, Stefan Petzner, eine Urheberrechtsverletzung konstruiert habe, um unter dem Deckmantel eines Vergleichs 35.000 Euro aus der Partei ziehen zu können, weist Ragger entschieden zurück: "Die urheberrechtliche Verletzung hat es wirklich gegeben, weil Parteisekretäre das Buch zwei Tage vor der Veröffentlichung ausgeschickt haben." Petzner kalmiert auf Anfrage: "Die Druckfahnen wurden da per Mail verschickt."

Gibt es nun Grabenkämpfe in der FPÖ? Spitzenkandidat Angerer habe sich diese Frage selbst gestellt, aber "ich bin kein Detektiv und gehe nicht auf Suche in die Vergangenheit. Das ist alles Jahre her, wir haben nichts mehr damit zu tun." (Colette M. Schmidt, 23.2.2023)