
Je länger die Krieg dauert, umso mehr Ukraine-Vertriebene planen eine Zukunft ohne baldige Rückkehr.
Seit Beginn der Fluchtbewegung aus der Ukraine hat sich die aufenthalts- und sozialrechtliche Lage der Vertriebenen nicht geändert. Das ist für sie einerseits gut: Weiterhin genießen sie laut EU-Massenzustromrichtlinie temporären Schutz.
Nach einer Verlängerung gilt das in Österreich vorerst bis März 2024. Es sichert ihnen Reisefreiheit innerhalb der EU zu und eröffnet ihnen Jobs sowie basale Sozialleistungen.
Doch diese Beibehaltung hat auch negative Seiten. Je länger der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert, umso klarer wird vielen Vertriebenen, dass sie nicht so rasch in ihre Heimat zurück übersiedeln können. Immer öfter kommt die Frage auf, unter welchen Bedingungen ihr Verbleib in Österreich möglich wäre.
Diakonie für "Ukrainer:innen-Gesetz"
Die evangelische Diakonie hat nun diese Woche einen Vorschlag gemacht. Im Rahmen eines "Ukrainer:innen-Gesetzes" sollen die Vertriebenen anerkannten Flüchtlingen gleichgestellt werden. "Damit wären dauerhaftes Bleiberecht, Zugang zu Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung, Bildung und Arbeit abgesichert", sagt die Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser.
Eine ähnliche Regelung gab es in Österreich schon einmal. In den 1990er-Jahren wurden so die Flüchtlinge aus dem Bosnienkrieg rechtlich integriert.
Derzeit befinden sich die Ukraine-Vertriebenen – großteils Frauen mit Kindern und älteren Verwandten – in der Grundversorgung: einem Bund-Länder-System, das für Asylwerbende geschaffen wurde. Es garantiert Unterkunft und Auskommen in einem organisierten Quartier oder aber Geldleistungen für privat untergebrachte Personen.
Tücken der Grundversorgung
Eine Familie erhält maximal 330 Euro für Miete und Betriebskosten, eine Einzelperson 165 Euro. Erwachsenen steht 260 Euro, Minderjährigen 145 Euro Verpflegungsgeld pro Monat zu. Eine Miete ist mit diesen Summen nicht zu stemmen. Daher leben nach wie vor rund 80 Prozent der rund 60.000 Ukraine-Vertriebenen bei Einheimischen, die ihnen Wohnraum zur Verfügung stellen.
Die Regeln in der Grundversorgung erschweren es den Ukraine-Flüchtlingen außerdem, Jobs anzunehmen – was sie ja eigentlich sollten. Schuld ist die niedrige Zuverdienstgrenze.
Laut dem Diakonie-Flüchtlingeexperten Christoph Riedl beträgt sie trotz etlicher Änderungsankündigungen in der Praxis für privat untergebrachte Vertriebene weiterhin 110 Euro pro Einzelperson und Monat, plus 80 Euro für jedes nicht arbeitende Familienmitglied. Die Trägheit der föderalen Bund-Länder-Systems hat hier Verbesserungen bis dato ausgebremst. (Irene Brickner, 24.2.2023)