In den nächsten Monaten will Xi Jinping Wladimir Putin besuchen. Ob sie sich wie einst 2018 in Wladiwostok Schnaps und Kaviar gönnen werden, ist nicht bekannt – vermutlich aber auch irrelevant.

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War China in Sachen Ukrainekrieg auf diplomatischem Parkett lange unscheinbar gewesen, hat es in den vergangenen Wochen verstärkt Einsatz gezeigt. Pekings ranghöchster Diplomat Wang Yi ließ sich unter anderem auf der Münchner Sicherheitskonferenz und beim Partner in Moskau blicken. Dabei kündigte er eine Friedensinitiative an, die am ersten Jahrestag des Ukrainekriegs am Freitag präsentiert wurde.

In zwölf Punkten wird zu Verhandlungen aufgerufen, die in einen Waffenstillstand münden sollen. China bekennt sich zum Schutz der territorialen Integrität und fordert den Verzicht auf Angriffe auf Zivilbevölkerung und zivile Einrichtungen. Auch sollen der Einsatz von Atomwaffen und allein schon die Drohung damit vermieden werden. Allerdings wird der Aggressor Russland, der schon mehrfach die nukleare Keule geschwungen hat, nicht beim Namen genannt.

Spitzen gegen die Nato

Auf der anderen Seite sollen laut Peking die "legitimen Sicherheitsinteressen aller Länder ernst genommen" werden – was als Zugeständnis an Russlands Sicht der Dinge zu werten ist, dass man von der Nato, und dabei vor allem den USA, attackiert werde und sich daher verteidigen müsse. Die "Mentalität des Kalten Krieges" müsse beendet werden, heißt es weiters, und die Sicherheit einer Region sollte nicht durch die Stärkung oder Ausweitung militärischer Blöcke erreicht werden, was als weitere Spitze gegen die Nato verstanden werden kann.

Aus Russlands Außenministerium hieß es, man heiße das Engagement Chinas willkommen. Allerdings müsste für Verhandlungen auch "die Realität auf dem Boden" – also Russlands Gebietsgewinn seit Kriegsbeginn – anerkannt werden. Mychajlo Podoljak, Berater im Kiewer Präsidentenbüro, lehnte das Papier ab, es gehe darin nur um ein "Einfrieren des Krieges", um "nächste Etappen des Völkermords". Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte hingegen, Teile des Papiers sehe er als begrüßenswert. Zudem brachte ein Treffen mit Chinas Staatschef Xi Jinping ins Spiel. Bisher waren entsprechende Anfragen Kiews aber bei Xi – der in den kommenden Monaten einen Moskau-Besuch plant – nicht auf offene Ohren gestoßen.

Im Westen wurde der Vorstoß verhalten aufgenommen. "China hat nicht viel Glaubwürdigkeit, weil es nicht in der Lage war, die illegale Invasion in der Ukraine zu verurteilen", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, dass China mit dem Freundschaftsvertrag mit Russland Partei ergriffen habe. Der deutsche Präsident Frank-Walter Steinmeier erklärte, wenn China Frieden wolle, sollte es nicht nur mit Russland, sondern auch mit der Ukraine sprechen. Allerdings berichtete das "Wall Street Journal" am Freitagabend, Deutschland und Frankreich hätten sich in Kiew dafür eingesetzt, auch eine Verhandlungslösung in Betracht zu ziehen. Im Gegenzug sollen sie der Ukraine gemeinsam mit Großbritannien einen Verteidigungspakt vorgeschlagen haben.

Verhandlungen über Drohnen

Mitten in Chinas diplomatische Offensive platzte ein Bericht, der wohl weiteres Misstrauen im Westen schüren wird: Laut Spiegel-Informationen soll es zuletzt fortgeschrittene Verhandlungen über die Bereitstellung chinesischer Drohnen für Russland gegeben haben. So habe sich Hersteller Xi’an Bingo Intelligent Aviation Technology bereiterklärt, 100 Drohnen eines Prototyps namens ZT-180 zu produzieren. Nach Tests sollen sie laut Bericht dem russischen Verteidigungsministerium noch bis April geliefert werden. Schon bald könne nach einem Know-how-Transfer auf russischem Boden eine eigene Produktion aufgebaut werden. Eigentlich für China gedachte Mikrochips aus den Niederlanden seien zudem in zahlreichen russischen Waffen aufgetaucht.

Im Westen macht sich außerdem die Sorge breit, dass China Dual-Use-Güter liefert – also solche, die zwar einen zivilen Charakter haben, sehr wohl aber auch militärisch genutzt werden können. Auch hier geht es laut Spiegel um Drohnen, aber auch um Ersatzteile für SU-27-Kampfjets und Satellitenbilder.

"Tödliche Hilfe"

Als Transferstaat von China für die zivilen Drohnen gelten dabei die eigentlich eng mit den USA kooperierenden Vereinigten Arabischen Emirate. Peking protestiert gegen die Vorwürfe ebenso vehement, wie es sich gegen die Anschuldigungen durch US-Außenminister Antony Blinken wehrte, wonach man Informationen habe, dass China Russland vermehrt militärisch unter die Arme greifen möchte. Auch Nato-Chef Stoltenberg warnte am Freitag vor solch einer "tödlichen Hilfe".

Unterdessen würdigte Präsident Selenskyj am ersten Jahrestag des Kriegs den Widerstand seiner ukrainischen Landsleute: "Es war ein Jahr des Schmerzes, der Sorgen, des Glaubens und der Einheit." Vor einem Jahr hätten viele ihre Wahl getroffen: "Nicht eine weiße Fahne, sondern die blau-gelbe Fahne. Nicht fliehen, sondern sich stellen. Widerstand und Kampf", twitterte er. "Wir wissen, dass 2023 das Jahr unseres Sieges sein wird."

Besonders tatkräftig unterstützt wird die Ukraine von Polen, das nun die ersten Leopard-2-Kampfpanzer übergeben hat, Deutschland liefert zusätzliche vier, insgesamt also 18. (Kim Son Hoang, Fabian Sommavilla, 24.2.2023)