Thomas Bach will Aktive aus Russland und Belarus trotz des Angriffskriegs gegen die Ukraine bei Olympia 2024 in Paris unter neutraler Flagge sporteln lassen.

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Thomas Bach verbittet sich politische Einmischung. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hatte die Idee propagiert, Aktive aus Russland und Belarus trotz des Angriffskriegs gegen die Ukraine an den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris unter neutraler Flagge sporteln zu lassen.

Warum er es tat, darüber darf gerätselt werden, der Deutsche ist alles, nur kein Dummkopf. Mit den Reaktionen hatte er rechnen müssen, nach dem Europa-Parlament haben sich 35 Staaten in einem gemeinsamen Statement gegen Bachs Intentionen ausgesprochen. Unter ihnen auch Österreich, dessen Sportminister und Vizekanzler Werner Kogler festhielt: "Es ist ukrainischen Sportlerinnen und Sportlern nicht zuzumuten, gegen Angehörige jener Institution anzutreten, die im Rahmen des völkerrechtswidrigen, barbarischen russischen Angriffskrieges für massenhaftes Töten, Kriegsverbrechen und andere Gräueltaten mitverantwortlich ist." Schließlich gehört, wer in Russland Spitzensport betreibt, meist einem Armeeverein an.

Bach blieb seiner Linie treu, drehte den Spieß quasi um und kritisierte die Erklärungen des Europaparlaments und der 35 Staaten. Sie stünden "in klarem Widerspruch zum einigenden, friedensfördernden Auftrag der Olympischen Spiele und der mehrfach von der EU und ihren Mitgliedsstaaten gebilligten Olympischen Charta".

"Evaluierungsphase"

Im österreichischen olympischen Komitee ÖOC hatte Generalsekretär Peter Mennel in einem STANDARD-Interview IOC-Linientreue erkennen lassen und gesagt: "Athletinnen und Athleten sollen nicht leiden." Womit jene aus Russland gemeint waren. Auch an der ÖOC-Haltung hat sich "nichts geändert", wie der STANDARD am Freitag, dem Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine, erfuhr. Allerdings will das ÖOC festgehalten wissen, dass das IOC noch gar nichts beschlossen habe. Man befinde sich in einer "Evaluierungsphase".

Nachdem schon der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Fall einer russischen Olympia-Teilnahme mit Boykott gedroht hatte, schloss sich Polens Sportminister Kamil Bortniczuk in einem FAZ-Interview an. "Wir wollen Olympische Spiele ohne Russland und Belarus feiern. Um das Ziel zu erreichen, müssen wir vielleicht ein Ultimatum stellen – entweder Russland oder wir." Bortniczuk sieht "Versuche des IOC, russischen und belarussischen Sportlern die Rückkehr zu ermöglichen", und betont: "Man kann die Sportwelt nicht völlig vom Krieg isolieren."

Einem ukrainischen Boykott von Paris 2024 könnten sich neben Polen auch andere Staaten anschließen. Es wäre das größere Übel, ein ganz großes Übel, das da bei der Tür hereinschaut. IOC-Präsident Bach hat die Klinke in der Hand. (Fritz Neumann, 24.2.2023)