EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen verlautbarte am Samstag das zehnte Sanktionspaket gegen Russland.

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Wien – Bereits am 23. Februar 2022, einen Tag vor dem Einmarsch Russlands in der Ukraine, verhängte die Europäische Union das erste Sanktionspaket gegen das Land. Am 24. Februar 2022, ein Jahr nach dem Überfall, folgte das bereits zehnte. Mittlerweile ist Russland weitgehend von westlichen Finanzmärkten abgeschnitten und der Handel mit europäischen Staaten stark eingeschränkt. Zudem stehen hunderte Russinnen und Russen auf strengen Sanktionslisten.

Das erste Sanktionspaket nach dem Überfall Russlands war freilich nicht die erste wirtschaftliche Maßnahme gegen das Land. Bereits nach der Annexion der Krim hatten die EU-Staaten zahlreiche Kreml-Getreue sanktioniert. Für europäische Unternehmen war und ist das neue, schärfere Sanktionsregime aber eine Herausforderung, erzählen Anwälte dem STANDARD.

Unklare Formulierungen

"Die Verbote treten grundsätzlich am Tag der Verkündung ohne Übergangsperiode in Kraft", sagt Christoph Haid, Partner bei Schönherr. "Es ist eine Herausforderung, mit dem Tempo der Sanktionsrunden Schritt zu halten." Gleichzeitig seien die Bestimmungen oft "sehr unklar" formuliert, klagt der Rechtsanwalt. Die EU-Kommission stellt ihre Auslegungshilfe meist erst einige Zeit nach dem Inkrafttreten der Verbote zur Verfügung, sodass Unternehmen zunächst selbst entscheiden müssen, wie die Regeln zu verstehen sind. Dazu kommt, dass nationale Behörden mitunter unterschiedlich entscheiden.

Ähnlich sieht das Stephan Denk, Rechtsanwalt und Partner bei Freshfields. "Die EU-Sanktionen sind das Ergebnis politischer Kompromisse zwischen den 27 Mitgliedsstaaten und im Ergebnis oft vage formuliert. Die Rechtstexte halten mit den einhergehenden politischen Ankündigungen nicht immer ganz Schritt." Viele Fragen blieben trotz der Leitlinien der EU-Kommission offen.

Indirekte Sanktionen

Vor allem sogenannte mittelbare Sanktionen stellen die Unternehmen vor besondere Herausforderungen. Abseits der Personen, die sich direkt auf der Sanktionsliste befinden, gelten auch jene Unternehmen als sanktioniert, die im Einflussbereich dieser Personen stehen. Bei der schwierigen Prüfung, ob Geschäftspartner indirekt sanktioniert sind, werden Unternehmen aber meist "alleingelassen und bekommen zu wenig Rechtssicherheit", kritisiert Denk. Die Identifikation der letztlich wirtschaftlich Berechtigten sei bei russischen Unternehmen oft eine Herausforderung. Verschachtelte Eigentümerstrukturen oder Treuhandkonstruktionen erschweren die Prüfung. Restrisiken lassen sich laut Denk deshalb meist nicht ausschließen. Gleichzeitig drohen Unternehmen bei Verstößen aber hohe Strafen. (japf, 27.2.2023)