Wo einst Pendler ihre Kraftfahrzeuge parkten, ist nun Platz. Konkrete Pläne für die Nutzung der Freiflächen sind aber noch rar.

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Die Einführung der Wien-weiten Kurzparkzone hatte auch massive Auswirkungen für Einpendler. Der Autopendlerverkehr ist laut Stadt Wien deutlich reduziert worden.

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Es war ein Meilenstein in der Wiener Verkehrspolitik, der vor genau einem Jahr von der rot-pinken Stadtregierung gesetzt wurde: Am 1. März 2022 wurden in fünf Bezirken mit einem Schlag 229.000 bisher kostenlose öffentliche Parkplätze kostenpflichtig. Das war fast eine Verdoppelung des bisherigen Kurzparkzonenbereichs. Seit der Ausweitung der Zone auf fast ganz Wien – Ausnahmen gibt es nur in ganz wenigen Gebieten am Rande der Stadt – ist längeres Gratisparken auf öffentlichen Stellplätzen praktisch nicht mehr möglich. Das hatte auch massive Auswirkungen für Einpendler zur Folge. Anspruch aufs Parkpickerl haben nur Wienerinnen und Wiener mit Hauptwohnsitz, und das nur für den Wohnbezirk sowie etwaige Überlappungszonen. Das Pickerl ist für zehn Euro pro Monat zu haben.

Die Bilanz von Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) ein Jahr später fällt euphorisch aus. Mit der Einführung habe man "jede Menge Platz im öffentlichen Raum gewonnen" und zudem den Autopendlerverkehr wie auch den Verkehr rund um die Parkplatzsuche deutlich reduziert, sagte Sima. Die Auslastung der Parkplätze in den Erweiterungsgebieten in Hietzing, Floridsdorf, Donaustadt, Liesing sowie Simmering sei spürbar reduziert worden. Dadurch gebe es mehr Platz für den Radverkehr sowie Begrünungsprojekte oder andere Vorhaben ohne Asphalt.

Zehntausende Stellplätze nicht mehr gebraucht

Noch lassen diese angekündigten Umgestaltungsmaßnahmen aber auf sich warten. Die aktuelle Bilanz fällt teils ernüchternd aus: Immerhin rechnete die Stadt Wien vor einem Jahr noch damit, dass bis zu ein Drittel der Autostellplätze in den neuen Kurzparkzonen obsolet werden könnte. Das wären rund 76.000 Parkplätze. Nur für wenige Bereiche gibt es bereits konkrete Ideen. Ein Überblick über die neuen Pickerlbezirke:

  • FLORIDSDORF

Laut einer Evaluierung der Stadt konnte im 21. Bezirk mit der Parkpickerleinführung der Anteil von Autos ohne Wiener Kennzeichen um zwei Drittel auf nur noch 7,5 Prozent reduziert werden. Damit verbunden war auch ein deutlicher Rückgang bei der Stellplatzauslastung.

Was mit den frei gewordenen Flächen passiert, ist großteils offen beziehungsweise wurde noch nicht präsentiert. Fixiert ist das Vorhaben in der Schleifgasse: Hier soll unter anderem eine Fläche von 450 Quadratmetern zusätzlich begrünt werden. Dazu kommen neue Bäume und Straßenmöbel. Mehr Grün soll es auch in der Siegfriedgasse geben.

  • DONAUSTADT

Der zweite Flächenbezirk in Transdanubien mit mehr als 200.000 Einwohnern hat schon im Vorjahr ein größeres Radwegeausbauprogramm vorgestellt. Aus diesem Paket umgesetzt werden heuer etwa noch Radwege auf der Wagramer Straße zwischen Donauzentrum und Kagraner Platz, dazu kommen auch Radwegeprojekte auf der Erzherzog-Karl-Straße oder der Donaustadtstraße. Für dieses Jahr wurde das geplante Wiener Radwegeausbauprogramm von Verkehrsstadträtin Sima noch nicht präsentiert.

Allein in der Donaustadt sind laut Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ) aber tausende Parkplätze, die zuvor Pendler besetzten, frei geworden. Ressourcen für zahlreiche weitere Umgestaltungen von Stellplätzen wären noch vorhanden. Mit Einführung des Parkpickerls sank allein in Kaisermühlen die Stellplatzauslastung von 100 auf 63 Prozent.

  • LIESING

In Liesing sank die Stellplatzauslastung werktags am Vormittag um gleich 18 Prozentpunkte, an Hotspots wie Siebenhirten oder Alterlaa war der Rückgang noch viel deutlicher. Der Anteil von Nicht-Wiener-Kennzeichen wurde um 89 Prozent reduziert.

Ein großer Radwegeausbau wurde aber noch nicht fixiert. Zumindest wurde die MA 18 (Stadtentwicklung und Stadtplanung) mit der Ausarbeitung eines übergeordneten Konzepts für den Bezirk beauftragt. Fast fertig ist jedenfalls der neue Radweg zwischen Carrée Atzgersdorf und Atzgersdorfer Stadtpark.

  • HIETZING

In Hietzing waren laut Angaben der Stadt vor Einführung des Parkpickerls rund 20 Prozent der Parkplätze mit Nicht-Wiener-Kennzeichen belegt. Dieser Anteil verringerte sich auf nur noch vier Prozent.

Um frei gewordene Flächen anderweitig zu nutzen, soll etwa die Altgasse neu gestaltet werden. Auch beim Lainzer Platz könnte eine bisher als Parkplatz genutzte Fläche umgestaltet werden.

Sprudelnde Einnahmen

Die Ausweitung der Kurzparkzone auf ganz Wien bringt der Stadt aber auch deutliche Mehreinnahmen. So wurden in den neuen Pickerlbezirken mehr als 145.000 Parkpickerl ausgestellt, dazu kommen die zusätzlichen Parkscheine. Für das Jahr 2022 rechnet die Stadt mit Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung in Höhe von 165,4 Millionen Euro. So steht es jedenfalls im Budgetvoranschlag.

Wie viel tatsächlich eingenommen wurde, liegt laut Stadt noch nicht final vor: Eine Sprecherin von Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) verweist auf STANDARD-Anfrage auf den Rechnungsabschluss, der erst im Juni vorliegt. Die Einnahmen aus 2021 dürften aber jedenfalls deutlich übertroffen werden: Da waren es 123 Millionen Euro.

Die Strafen nach dem Parkometergesetz waren in den vergangenen Jahren hingegen kontinuierlich sinkend: 2018 wurden noch rund 46 Millionen Euro an Strafen verhängt, 2021 waren es 37 Millionen Euro.

Die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung fließen laut Stadt vor allem in den Ausbau und die Verbesserung der Öffis. Vorgesehen ist die Mittelverwendung aber auch für Park-and-ride-Anlagen – so unterstützt Wien den Ausbau in Niederösterreich – sowie in neue Garagen oder Radwege. (David Krutzler, 1.3.2023)