Unionisten in Nordirland wettern seit dem Beschluss des Nordirland-Protokolls gegen die Lösung. Gegenvorschläge sind von den London-treuen Nordiren, die den Brexit begrüßten, nicht zu hören. Das würde auch erstaunen, für das Problem gibt es keine gute Lösung.

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Es waren lange Nächte im Winter 2019, als Theresa May immer wieder versuchte, ihre Version eines Brexit-Vertrags durch das britische Unterhaus zu bringen. Mal um Mal scheiterte die damalige Premierministerin – nicht nur an der Opposition, die damals noch versuchte, den Brexit insgesamt zu verhindern, sondern auch an der eigenen Partei.

Den Hardlinern unter den Tories war der Deal nicht streng genug. Vor allem aber erhitzte das Thema Nordirland die Gemüter. May wurde schließlich von der eigenen Partei abgewählt, das Problem blieb im Kern ungelöst. Und nun setzt ihr dritter Nachfolger Rishi Sunak seinen Posten für eine Lösung aufs Spiel.

Sein Pech: Es geht um ein eigentlich unlösbares Problem. Großbritannien will sich von der EU abschotten, dazu gehören auch Grenz- und Zollkontrollen. Großbritannien aber, und auch EU-Mitglied und Nachbar Irland, wollen keinesfalls Zollkontrollen an der gemeinsamen Grenze in Nordirland. Das würde den Frieden auf der irischen Insel gefährden. Wenn es aber Kontrollen zugleich geben muss und nicht geben darf – was ist dann zu tun?

Dagegen, aber dafür

Ein Problem für den Brexit, könnte man meinen, weil diese bizarre Situation die ganze Absurdität des britischen EU-Austritts zeigt. Der Brexit aber ist in London längst zum Katechismus geworden, Zweifel sind nicht erlaubt, besonders bei den regierenden Konservativen – und daher kann nicht sein, was nicht sein darf.

Für das absurde Problem wurde also eine absurde Lösung gefunden: Zollkontrollen in der Irischen See zwischen Großbritannien und dem britischen Nordirland. Die Konservative Partei war dagegen, beschloss sie aber trotzdem. Und seither funktionieren sie genauso gut, wie die Ausgangssituation dies erwarten lassen würde. Vor allem Boris Johnson, der das Nordirland-Protokoll zuerst bekämpfte, als Premier dann selbst beschloss und es seither wieder bekämpft, zündelte regelmäßig.

Mutig, aber unsicher

Dass Johnsons Erbe, Premier Rishi Sunak, nun ein Abkommen mit der EU beschlossen hat, ist zu loben, und es ist politisch auch mutig. Ein Deal könnte zumindest die gröbsten Probleme in der Umsetzung des Protokolls beheben – auch wenn es sich vor allem um technische, kosmetische Änderungen am bisherigen Protokoll handelt. Und er könnte Leben und Handel für die Menschen in Nordirland erleichtern. Dafür muss Sunak ihn in der eigenen Partei aber auch durchbringen. Gesagt ist das noch nicht, im Hintergrund wettert erneut auch Johnson gegen die Übereinkunft.

Ein guter Deal im eigentlichen Sinn des Wortes kann es dennoch nicht sein, denn das unlösbare Grundproblem bleibt – genau – ungelöst. Am Ende ist es nur ein neuer Akt im absurden Theater des Brexits. (Manuel Escher, 27.2.2023)