Der Ausbau des Starlink-Netzwerks wird von China mit Skepsis beobachtet.

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Ein Artikel in der chinesischen Zeitschrift "Command and Control Simulation" weist derzeit auf die potenzielle Bedrohung Chinas durch das Starlink-Netzwerk des US-Unternehmers Elon Musk hin. Demnach besetzt Starlink bereits zahlreiche Orbital- und Spektrumsressourcen, also "freie Plätze" in der Erdumlaufbahn und auf den Funkkanälen. Das bringe China unter Zugzwang, wenn es keinen strategischen Nachteil gegenüber den USA erleiden wolle, so der Tenor des Berichts.

Ein schneller Start einer chinesischen Satellitenkonstellation könnte verhindern, dass Musks Unternehmen Space X die Erdumlaufbahn "in Beschlag nimmt", schreibt wiederum die "South China Morning Post". Die Satellitenkonstellation soll unter dem Codenamen "GW" geführt werden und 12.992 Satelliten umfassen. Damit bewegt man sich in derselben Größenordnung wie Musks Starlink-Netzwerk, das bis 2027 auf 12.000 Satelliten anwachsen soll.

Sorge vor alternativen Einsatzzwecken von Starlink

In dem Bericht werden außerdem Bedenken geäußert, dass die Starlink-Satelliten mehrere Einsatzzwecke haben könnten – beispielsweise als Aufklärungssystem für das US-Militär. Zudem sei man besorgt, dass die Satelliten für Angriffe auf chinesische Infrastruktur genutzt werden könnten.

Der Ukrainekrieg, in dem die Starlink-Dienste vom ukrainischen Militär gegen die russischen Streitkräfte eingesetzt werden, dürfte diese Sorgen verstärkt haben. Seit Ausbruch des Krieges haben chinesische Militärforscher wiederholt gefordert, Möglichkeiten zu entwickeln, um Starlink-Satelliten bei Bedarf zu zerstören.

Einsatz von "Hochleistungsmikrowellen"

Ein fixes Datum, wann die chinesischen Satelliten gestartet werden sollen, gibt es bisher nicht. Allerdings sei das Ziel, das "GW"-Netzwerk bereitzustellen, bevor das Starlink-Netzwerk fertig ist, sagt Xu Can, Professor an der People's Liberation Army's Space Engineering University in Peking.

In dem Artikel werden auch Bedenken in Bezug auf eine Zerstörung der Satelliten geäußert. Diese würde so viel Müll erzeugen, dass dadurch der Zugang zum Weltraum und der Betrieb von Satelliten maßgeblich erschwert würden. Daher erwägen die Autoren den Einsatz von Lasern und "Hochleistungsmikrowellen", um bestimmte Satelliten auszuschalten, wenn sie über "sensible" Regionen fliegen.

"Starlink catalogue"

China plane außerdem, leistungsfähigere Radarsysteme zu bauen, um Starlink-Satelliten zu identifizieren und zu verfolgen, sagt das Team von Xu Can. Laut den Forschern soll die Radartechnologie verwendet werden, um einen "Starlink-Katalog" zu erstellen, der detaillierte Daten zu jedem Satelliten enthalte.

Auch eine Zusammenarbeit mit anderen Regierungen, um ein Anti-Starlink-Bündnis zu schmieden und von Space X die Veröffentlichung der genauen Umlaufbahndaten der Satelliten zu fordern, wäre demnach denkbar.

Chinesische Satelliten in "freie" Umlaufbahnen

Gleichzeitig soll China den raschen Start seiner eigenen Breitbandkonstellation im erdnahen Orbit vorantreiben. Bereits 2021 hat Peking bei der Internationalen Fernmeldeunion Unterlagen für Pläne zu einer Satellitenkonstellation mit 13.000 Einheiten eingereicht. Diese sollen in "freie" Umlaufbahnen befördert werden, bevor Starlink sein Netzwerk weiter ausbaut.

Wie China seine Pläne umsetzen will, ist noch unklar, denn mit den Startplänen von Space X kann es derzeit noch nicht mithalten. Allein im Februar startete der US-Konzern sieben Missionen – vier davon waren Starts von Starlink-Satelliten. Zudem kann China seine Raketen nicht wiederverwenden, was derzeit einen der großen Vorteile von Space X ausmacht.

Langjährige Skepsis gegenüber Starlink

In China ist die Skepsis gegenüber Starlink generell groß. Bereits im Frühjahr 2022 forderten chinesische Militärforscher, dass das Land in der Lage sein müsse, die Satelliten von Space X zu deaktivieren oder zu zerstören, wenn sie die nationale Sicherheit bedrohen. In einer Studie von Ren Yuanzhen, einem Wissenschafter des Beijing Institute of Tracking and Telecommunications, wurde außerdem die Überwachung sämtlicher Starlink-Satelliten gefordert.

"Eine Kombination aus Soft- und Hard-Kill-Methoden sollte angewendet werden, damit einige Starlink-Satelliten ihre Funktionen verlieren und das Betriebssystem der Konstellation zerstören", heißt es in der Studie, die in der Zeitschrift "Modern Defense Technology" veröffentlicht wurde.

Simulierter Angriff auf Starlink-Satelliten

Ende 2022 simulierte China außerdem einen Atomwaffenangriff auf Starlink-Satelliten. Demnach könnte die Explosion eines Zehn-Megatonnen-Sprengkopfs in 80 Kilometern Höhe einen Satelliten ernsthaft gefährden. Die Explosion könne – je nach Modell – eine Wolke erzeugen, die für Feinde eine "Falle" darstellt und gleichzeitig das Risiko für "befreundete" Raumfahrzeuge verringert. (Lisa Haberkorn, 27.2.2023)