Augmented Reality, Virtual Reality, Metaverse – Schlagworte, die in den vergangenen Monaten häufig zu vernehmen waren, wenn auch nicht immer im positivsten Kontext. Auch wenn weder Google Glass noch Microsoft Hololens oder die Oculus Rift den ganz großen Durchbruch von "Mixed Reality" gebracht haben, ist die Technologie gekommen, um zu bleiben.

Und ganz langsam rückt sie auch näher an den Massenmarkt heran, wie sich auch am Mobile World Congress in Barcelona beobachten lässt. So hat etwa Xiaomi eine eigene AR-Brille angekündigt, hatte allerdings keinen Prototyp zum Ausprobieren vor Ort. Anders bei der ZTE-Marke Nubia. Dort lagen am Messestand sowohl die Neovision-AR-Brille als auch das Nubia Pad 3D, ein Tablet mit brillenloser 3D-Darstellung, bereit. DER STANDARD hat die Möglichkeit genutzt, um einen ersten Eindruck zu gewinnen.

Foto: STANDARD/Pichler

Kein Understatement

Zuerst zur AR-Brille, die die reale Welt mit virtuellen Inhalten anreichern soll. Sie setzt nicht unbedingt auf Understatement und ist – was angesichts der notwendigen Technik nicht überrascht – einigermaßen klobig. Vor (beziehungsweise aus Nutzersicht hinter) das Display lassen sich mittels gut haltender, magnetischer Befestigung verschiedenfarbige Gläser montieren. So ist Neovision auch als Sonnenbrille mit akuten "Terminator"-Vibes nutzbar.

Die Reminiszenz an das dystopische Arnie-Schwarzenegger-Action-Epos setzt sich dadurch fort, dass die Darstellung der von einem verbundenen Handy übertragenen Inhalte angenehm scharf und gut sichtbar ist, selbst unter der hellen Messebeleuchtung. Zumindest wenn man eine geeignete Kopfform hat, um beim Tragen nicht in den oberen Rahmen zu starren. Im Falle des Autors war das nur durch Anheben der Bügel zu bewerkstelligen, denn Anpassungsmöglichkeiten bietet die Brille in dieser Hinsicht nicht. Immerhin ist sie leicht. Die offizielle Gewichtsangabe lautet 79 Gramm.

Dioptriekorrektur

Dafür lassen sich über Bedienelemente an den Bügeln und am Rahmen technische Aspekte verstellen. Konkret: die Wiedergabelautstärke und Helligkeit der Darstellung. Während die Bildqualität des transparenten OLED-Displays überzeugt, ist die Darstellung allerdings auf einen recht schmalen zentralen Betrachtungswinkel eingeschränkt. Laut ZTE entspricht der abgedeckte Bereich dem Äquivalent eines 120-Zoll-Bildschirms.

Foto: STANDARD/Pichler

Auch für kurz- und weitsichtige Menschen ist Neovision bedingt geeignet. Regler oberhalb von beiden Linsen ermöglichen individuelle Anpassung, mit der sich bis zu -3 und +3 Dioptrien ausgleichen lassen. Zur Soundqualität lässt sich an dieser Stelle nichts sagen. Selbst in der lautesten Einstellung konnten die integrierten Lautsprecher nicht ausreichend mit dem Messelärm konkurrieren.

Erwähnt werden muss, dass die Brille an sich kabellos funktionieren soll, am Messestand allerdings per USB-C-Kabel mit dem Smartphone verbunden war. Dies war, so die Standbetreuung, dem niedrigen Akkustand des Demogeräts geschuldet. Wie lange Neovision mit einer vollen Aufladung betrieben werden können soll, konnte man nicht beantworten.

Auch zu weiteren technischen Details schwieg man sich vorerst aus. Mitgeteilt wurde nur, dass die Brille im März in China in den Handel kommen soll. Der Preis und etwaige Verfügbarkeit in weiteren Märkten blieben offen. Hierzu wird Nubia wohl am Dienstagnachmittag (28. Februar, 15 Uhr) im Rahmen eines Events mehr bekanntgeben.

3D ohne Brille am Tablet

Ähnlich limitiert sieht es bezüglich des Informationsstands zum Nubia Pad 3D aus. Was man weiß, ist: Es läuft mit einem Snapdragon 888, verfügt über ein 2,5-K-Display (2.560 x 1.600 Pixel) mit 12-Zoll-Diagonale, vier Lautsprecher für Stereosound und einen Akku mit stolzen 9.070 mAh.

Das Hauptaugenmerk liegt allerdings auf der Frontkamera. Diese bietet einen 16-MP-Fotosensor sowie einen 8-MP-Tiefensensor, die unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz Facetracking betreiben. Das Tablet weiß also, in welche Richtung der Nutzer schaut und in welcher Position sich sein Kopf relativ zum Gerät befindet. Diese Informationen werden genutzt, um Spiele und andere Inhalte perspektivisch anzupassen, was den titelgebenden 3D-Tiefeneffekt erzeugen soll.

Das funktionierte beim Ausprobieren sehr zuverlässig. Nubia bewirbt die Möglichkeiten, damit auch Videochats anzureichern und auch selbst 3D-Content aufzunehmen. Auch bestehende, nicht dafür angepasste Inhalte sollen sich nachträglich um eine weitere "Dimension" ergänzen lassen.

Der 3D-Effekt ist nett, aber viel mehr auch nicht (Einbindung via postimages.org).

"Wow" – und weiter?

Der brillenlose 3D-Effekt sorgt für einen kurzen Wow-Moment, eben dank der zuverlässigen Umsetzung und der guten Displayqualität. Er weckt aber auch Erinnerungen an ein anderes Gerät, das dereinst mit genau diesem Feature warb und dennoch – wenn auch nicht primär deswegen – scheiterte. Nämlich Amazons Firephone.

So nett dieses Feature ist, ist es auch nicht mehr als das. Es mag Potenzial für Nischenanwendungen geben, der große iPad-Konkurrent dürfte das Nubia Pad 3D allerdings nicht werden. Ein Irrtum bei dieser Einschätzung ist freilich nicht ausgeschlossen, aber der Autor dieser Zeilen sieht hier keinen großen Durchbruch kommen. Auch nicht in 3D. (gpi, 27.2.2023)