Italiens Linke feiert sie als "Gegenpol zu Giorgia Meloni", als Antwort auf die postfaschistische Regierungschefin. Tatsächlich widerspricht Elly Schlein, die neue Chefin des Partito Democratico, Meloni in fast allem: So, wie Meloni rechts positioniert ist, tendiert die 37-Jährige nach links – manche würden sagen: sehr, sehr weit nach links.

Ein letzter Schluck vor der Siegespressekonferenz: Elly Schlein.
Foto: EPA / Fabio Fustaci

Während Meloni das ultrakonservative Bild von der Hausfrau und Mutter hochhält, propagiert die designierte Oppositionschefin progressive Ansichten. Im Magazin "Vanity Fair" stellte sie kürzlich klar: "Ich bin keine Mutter, aber deswegen bin ich nicht weniger eine Frau." Zu ihrem Selbstverständnis gehört auch, offen zu ihrer Bisexualität zu stehen. "Ich habe viele Frauen geliebt, auch viele Männer. Momentan liebe ich eine Frau – und ich bin glücklich darüber, dass sie mich unterstützt", bekannte sie Anfang 2020.

In Italiens Politik sticht Schlein mit einer internationalen Vita hervor, die ihr zu drei Staatsbürgerschaften verholfen hat. Als Tochter einer italienischen Juristin und eines US-amerikanischen Politologen wuchs sie mit ihrem Bruder, einem Mathematiker, und ihrer Schwester, einer Diplomatin, in der Schweiz auf und promovierte in Bologna als Verfassungsjuristin.

Wahlkämpferin für Obama 2008 und 2012

Schon während des Studiums war Schlein politisch aktiv – zunächst 2008 und 2012 in den USA im Wahlkampf von Barack Obama. In Italien wurde sie Regionaldeputierte in der Lombardei, 2014 dann Abgeordnete zum Europaparlament.

Damals kam es vorübergehend zum Zerwürfnis mit ihrer Partei, die Matteo Renzi auf Mitte-Kurs brachte. Schlein beharrte auf linker Politik und kandidierte für eine linke Umweltbewegung in der Emilia-Romagna. Ihr Sieg bei den Vorzugsstimmen bescherte ihr das Amt einer Vizeregionalpräsidentin.

Ihr Eintreten für Mindestlohn, Gleichberechtigung und höhere Steuern für Reiche machte sich schließlich bezahlt: Im Herbst 2022 zog sie ins Parlament in Rom ein und sitzt dort seither im Verfassungsausschuss.

Als Chefin der linken Opposition muss sich Schlein auf einiges gefasst machen: Wegen ihrer jüdischen Abstammung – ein Großvater emigrierte vor dem Ersten Weltkrieg aus Lwiw nach New York – wurde sie in sozialen Medien mehrfach antisemitisch beschimpft. Bisher reagierte sie meist mit Ironie: Ihre Nase sei nicht jüdisch, sondern etruskisch; sie sei stolz auf ihren jüdischen Nachnamen, aber keine Jüdin. Das kam in Israel nicht gut an – zumal sie offen die rechte Siedlungspolitik kritisiert. (Gianluca Wallisch, 27.2.2023)