Nach 1.051 Tagen endet die Maskenpflicht in Wiens Bussen, Bims und U-Bahnen.

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Nach 1.051 Tagen war es in Wien eine besonders gut eingeübte Corona-Routine: erst FFP2-Maske auf, dann rein in Bus, Bim oder U-Bahn. Damit ist es nun vorbei. Mit 1. März läuft die Verpflichtung, Mund und Nase zu bedecken, aus. Damit sind die Corona-Regeln in Wiens öffentlichen Verkehrsmitteln an den Rest Österreichs angeglichen, wo bereits seit Juni 2022 keine Masken mehr getragen werden müssen.

VIDEO: Wir haben uns am ersten Tag nach Ende der Maskenpflicht rund um den Bahnhof Wien Mitte umgehört.
DER STANDARD

Nicht nur in den Öffis hatte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) an einem strengen Corona-Kurs festgehalten: In den Apotheken war die FFP2-Maske ebenfalls noch vorgeschrieben sowie an Gerichten und Staatsanwaltschaften in der Bundeshauptstadt. Das ist nun genauso passé wie die PCR-Test-Pflicht für Pflegeheim- oder Spitalsbesucher.

Somit bleibt in Wien, analog zu den Vorgaben im übrigen Österreich, nur noch ein Bereich, wo noch Maske getragen werden muss: in Kranken- und Kuranstalten, Alten- und Pflegeheimen sowie in sonstigen Gesundheitseinrichtungen. Laut Fahrplan der türkis-grünen Bundesregierung stehen hier allerdings bereits bald Lockerungen an.

Bürgermeister Ludwig hat sein langes, durchaus umstrittenes Festhalten an strikten Verhaltensregeln stets verteidigt. "Gerade in den Öffis war die Maskenpflicht wichtig, um in Zeiten hoher Virenbelastungen durch Corona, Grippe oder das RS-Virus vulnerable Gruppen zu schützen", sagt er anlässlich des nunmehrigen Endes zum STANDARD. Neben dem Schutz der Gesundheit sei Masketragen ein Zeichen der Solidarität mit jenen, die sich nicht so leicht schützen können: "So ist schließlich der Besuch in der Diskothek eine freiwillige Entscheidung, aber die Öffis müssen viele Menschen nutzen."

Doch wird die FFP2-Maske nun tatsächlich aus dem Wiener Stadtbild verschwinden? DER STANDARD hat einen Politiker, eine Öffi-Verantwortliche und zwei Vertreter des Gesundheitsbereichs befragt, wie sie es künftig mit der Verhüllung halten, was sie am Ende der Tragepflicht freut – und warum sie die Maske womöglich gar vermissen werden.

Gesundheitsstadtrat: "Freue mich auf den Wiener Charme"

Die Routine des Masketragens in Öffis wird Gesundheitsstadtrat Peter Hacker "sicher noch eine Zeitlang begleiten". Mund und Nase freiwillig weiter zu verhüllen könne er sich vorstellen, "wenn ich in Situationen komme, in denen es sehr crowdy ist. Oder wenn ich mich selbst nicht gesund fühle." Das Ende der Tragepflicht bringt im Alltag des SPÖ-Politikers eine praktische Erleichterung: "Tatsächlich finde ich den Gedanken einer nicht angelaufenen Brille sympathisch", sagt Hacker.

"Ich freue mich auf den Wiener Charme in aller Pracht", sagt Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).
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Insgesamt werde er, "wie die meisten Wienerinnen und Wiener auch, den Corona-Maßnahmen keine großen Tränen nachweinen". Der Stadtrat trug den strengen, von Bürgermeister Michael Ludwig ausgegebenen Wiener Corona-Kurs zwar mit, fiel zwischendurch aber als Verfechter von Freiheiten auf. Als sich etwa 2021 die ansteckende britische Virusvariante ausbreitete, plädierte er dennoch lautstark für die Öffnung der Schanigärten.

Einen Aspekt des Lebens in der Bundeshauptstadt, den die Masken verdeckten, hat Hacker übrigens besonders vermisst: "Ich freue mich darauf, wenn man in der Früh in den Öffis den Wiener Charme bei allen, die auf dem Weg in die Arbeit sind, wieder in ganzer Pracht erleben darf", scherzt er.

Wiener-Linien-Chefin: "Habe in jeder Tasche eine Maske"

Wiener-Linien-Geschäftsführerin Alexandra Reinagl hat vorgesorgt. "Nach den langen Monaten der Pandemie haben wir uns an das Masketragen in den Öffis gewöhnt. Ich selbst habe so gut wie in jeder Tasche oder Jacke eine FFP2-Stoffmaske und werde sie auch zukünftig aufsetzen, wenn viele Menschen dicht gedrängt zusammenkommen", sagt sie. Abgesehen davon wolle sie auch in der Grippezeit zur Maske greifen, "um mich und andere zu schützen".

"Ich habe so gut wie in jeder Tasche und Jacke eine Maske", sagt Wiener-Linien-Geschäftsführerin Alexandra Reinagl.
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Eingeführt wurde die Tragepflicht in den Bussen, Bims und U -Bahnen am 14. April 2020 – wobei zunächst ein Mund-Nasen-Schutz ausreichte. Ab 15. September 2021 brauchte es dann eine Bedeckung der Klasse FFP2. Für Verweigerer setze es 50 Euro Strafe, allein zwischen Juni und Dezember 2022 rund 12.500-mal. Als die Tragedisziplin augenscheinlich schwand, gerieten die Wiener Linien in die Kritik: Auf Forderungen nach mehr Kontrollen reagierten sie mit Schwerpunktaktionen.

Diese Baustelle sind die Wiener Linien nun los. Reinagl: "Jetzt, wo die pandemische Situation es zulässt, freue ich mich darauf, wieder in die Gesichter der größten Fahrgemeinschaft Wiens zu blicken und wieder all unsere Türen für sie zu öffnen."

Apothekervertreter: "Masketragen ist kein Vergnügen"

Der Präsident der Wiener Apothekerkammer, Philipp Saiko, hat genug vom Verhüllen von Mund und Nase. Auf die Frage, ob er weiter freiwillig Maske tragen werde, antwortet er knapp und klar mit "Nein". Und das begründet Saiko so: "In Wien gab es die Maskenpflicht ohnehin deutlich länger als in allen anderen Bundesländern. Auch außerhalb von Österreich gibt es kaum noch ein Land oder eine Region mit Maskenpflicht." Ob und in welchem Kontext man eine Maske tragen wolle, liege ab nun im Ermessen der Wienerinnen und Wiener – und das "ist auch gut so", sagt der Interessensvertreter.

"FFP2-Maske zu tragen ist wahrlich kein Vergnügen", sagt Wiens Apothekerkammer-Präsident Philipp Saiko.
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Saiko ist selbstständiger Apotheker am Trillerpark in Floridsdorf. Seine Berufsgruppe bekam die Pandemie, wie andere Angehörige der Gesundheitsbranche auch, besonders deutlich zu spüren: Das Kundenaufkommen stieg teils so stark an, dass mancherorts Apothekerinnen und Apotheker als Schutzmaßnahme Medikamente nur noch über Nachtfenster ausgaben.

An der Sicherheitsvorkehrung FFP2-Maske werde er jedenfalls nichts vermissen, sagt Saiko. Sie habe ihm eine angelaufene Brille, Hautirritationen und Atemnot beschert: "In der Apotheke von 8 bis 18 Uhr eine FFP2-Maske zu tragen ist wahrlich kein Vergnügen."

Public-Health-Experte: "Maske ist gute Idee"

Wenn das Ende der Maskenpflicht in den Öffis für den Public-Health-Experten Hans-Peter Hutter von der Med-Uni Wien etwas Gutes hat, dann ist es vor allem eine Sache. Künftig erspare man sich "den trotzigen Gesichtsausdruck jener, die in voll besetzten Öffis ohne Maske in einer Art (post)pubertärer Manier ihr verantwortungsloses Verhalten anderen gegenüber fast schon stolz zur Schau stellen", sagt er. Dieses Verhalten werde ihm definitiv nicht abgehen. Dafür aber ein kaschierender Effekt der Masken: "Man bekommt jetzt wieder viel mehr davon mit, wie viele schlecht drauf sind, wenn sie einem unverhüllt gegenübersitzen."

"Eine Maske zu tragen ist eine gute Idee, wenn man verkühlt ist", sagt Public-Health-Experte Hans-Peter Hutter.
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Die Debatte über die Maskenpflicht in den Wiener Öffis sei zuletzt hochstilisiert worden, kritisiert Hutter. Angesichts der relativ kurzen Tragezeit war das für ihn nicht nachvollziehbar. Ob er selbst künftig freiwillig eine FFP2-Maske aufsetzen werde? "Warum nicht? Es ist ja eine einfache Art, sich und andere vor Ansteckungen zu schützen. Wenn man dicht gedrängt, Nase an Nase, in einer U-Bahn steht, ist es speziell in Grippezeiten oder wenn man verkühlt ist eine gute Idee, eine Maske zu tragen. Selbst dann, wenn man damit allein ist." (Stefanie Rachbauer, 28.2.2023)