Die SPÖ leidet an ihrer Vorsitzenden. Und Pamela Rendi-Wagner umgekehrt wohl an ihrer Partei. Teile davon wollen mit ihr als Chefin nicht glücklich werden und haben leise bis sehr laute Zweifel, ob sie die ideale Spitzenkandidatin ist, um in die nächste Wahl zu ziehen.
Es geht um viel: Die SPÖ hat, wenn sie es geschickt anstellt, eine gute Chance, stärkste Kraft zu werden und den Kanzler – oder die Kanzlerin – zu stellen. Allerdings liegt in den Umfragen die FPÖ voran. Das ist eine Herausforderung, nicht die allerkleinste. Auch die ÖVP auf Distanz zu halten wird nicht leicht. Dazu braucht es Kraft, Geschick, Ideen, Mut, einen Plan, Selbstbewusstsein, vielleicht auch ein bisschen Disziplin und Fortune. Das hat die SPÖ derzeit alles nicht.
Die SPÖ stellt sich alles andere als geschickt an. Der Selbstzerfleischungsprozess trägt seines dazu bei, die Chancen auf Platz eins zu mindern. Das liegt nicht nur an Rendi-Wagner und der SPÖ, da haben auch andere ein Interesse daran, die Selbstbeschäftigung der SPÖ am Laufenden zu halten: Das sind die politischen Mitbewerber, der ÖVP ist ein Talent zum Dirty Campaigning nicht abzusprechen. Ein paar Medien machen auch mit, bewusst oder beiläufig, das sei dahingestellt. Dass die Debatte just in der Woche vor der Kärntner Landtagswahl kräftig hochschwappt und so den amtierenden roten Landeshauptmann Peter Kaiser in Verlegenheit, wenn nicht Bedrängnis bringt, mag kein Zufall sein.
Nachvollziehbare Unzufriedenheit
Fest steht: Die parteiinterne Unzufriedenheit mit Rendi-Wagner ist greifbar. Und nachvollziehbar. Ihr fehlt nicht nur das Glück, sondern auch das Geschick. Ihre Hartnäckigkeit und ihre Unverdrossenheit sind bewundernswert, aber sie bringt die Themen schwer auf den Boden, und als Person steht sie zu wenig überzeugend für die sozialdemokratische Strahlkraft.
Also Hans Peter Doskozil? Der will. Viele meinen, der kann auch. Er selbst ist sowieso sehr überzeugt von sich.
Das ist auch das Problem: Doskozil steht im Ruf, ein selbstherrlicher Narzisst zu sein, der sein eigenes Wohl über das der Partei stellt. Und ob sich alles umsetzen lässt, was er im Burgenland vorhüpft, ist auch nicht so klar. Ob es denn parteiintern eine Mehrheit für ihn gibt, ist schwer abzuschätzen.
Alternativen zu Doskozil
Als Königsmacher – oder Königinnenmacher – gilt Michael Ludwig, Wiener Bürgermeister und Chef der mächtigen Wiener SPÖ. Ohne den läuft nichts. Er hält den Daumen rauf oder runter. Ludwig wird mit Doskozil auch nicht ganz glücklich, er fürchtet auch die damit einhergehende Polarisierung in der Partei. Daher kommen immer wieder Personen ins Spiel, die eine Alternative zu Doskozil sein könnten: Christian Kern, Alexander Wrabetz, Doris Bures. Ja, das sind Möglichkeiten, aber aus unterschiedlichen Gründen keine überzeugenden Lösungen.
Was funktionieren würde: Michael Ludwig selbst. Er kann das, wird nicht nur in der Partei breit akzeptiert und wäre ein ernstzunehmender Herausforderer für Karl Nehammer und Herbert Kickl. Er müsste nur wollen. Wenn ihm ernsthaft an der Partei gelegen ist und er nicht Partikularinteressen über das Gesamtwohl seiner politischen Bewegung stellt, muss Ludwig eine Kandidatur als Parteivorsitzender (nicht bloß in Wien) und ein Antreten als Kanzlerkandidat in Betracht ziehen. Und nicht nach Ausreden oder Verlegenheitskandidatinnen oder -kandidaten suchen. (Michael Völker, 28.2.2023)