Rupert Murdoch sieht sich in die Enge getrieben – also tritt er die Flucht nach vorn an: Ja, so gibt der bald 92-jährige Chef des konservativen Medienimperiums News Corporation, dem Fox News gehört, in einer eidesstattlichen Aussage zu, mehrere Moderatoren des Senders hätten bewusst die falsche Darstellung verbreitet, die US-Präsidentenwahl 2020 sei dem republikanischen Kandidaten Donald Trump "gestohlen" worden.

Kritiker des US-Senders Fox News sehen sich bestätigt: Rupert Murdoch räumte Lügen zugunsten Donald Trumps ein.
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Und ja: Er selber hätte diese TV-Journalisten daran hindern sollen, ein solches Narrativ zu verbreiten. Aber er habe es nicht getan. "Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, dass wir das deutlicher anprangern", wird Murdoch in diesen Dokumenten zitiert, die am Montag (US-Ortszeit) publik wurden.

Murdoch schränkte bei dieser Gelegenheit ein: Es habe sich keineswegs um eine kollektive Verhaltensweise des gesamten TV-Senders gehandelt. Vielmehr sei die Pflege des falschen Narrativs auf Fox-Moderatoren wie Sean Hannity, Jeanine Pirro, Lou Dobbs und Maria Bartiromo beschränkt. "Sie haben es unterstützt", sagte Murdoch unter Eid als Antwort auf direkte Fragen zu den fraglichen Personen aus, wie aus Gerichtsakten von Dominion Voting Systems hervorgeht.

Milliardenklage

Das Unternehmen, das die in den USA gebräuchlichen Wahlmaschinen herstellt, hatte Fox auf 1,6 Milliarden Dollar Schadenersatz geklagt, weil der Sender Berichte über angebliche Manipulation der Wahlcomputer verbreitete.

Aus Sicht der Dominion-Anwälte sei Murdochs Aussage sehr hilfreich zur Unterstützung der eigenen Causa: Es sei offensichtlich, dass die Betreiber des reichweitenstarken Nachrichtensenders sehr wohl wussten, dass Trumps Behauptungen über Wahlbetrug beim Urnengang Anfang November 2020 falsch waren. Sie verbreiteten diese dennoch. Mutmaßliches Motiv: Streben nach Einschaltquoten und Profit.

Die US-Justiz hat die Latte für die klagende Partei indes sehr hoch gelegt: Dominion Voting Systems muss demnach nicht nur den Beweis für wahrheitswidriges, sondern auch für das vorsätzliche Handeln in diesem Zusammenhang erbringen. Mit Murdochs eidesstattlicher Aussage sei man dem Klagsziel näher gekommen, wurden die Kläger in US-Medien zitiert.

Private Handynachrichten

Nachteilig für Fox News – zumindest für einige Akteure – dürften auch zahlreiche Handynachrichten sein, in denen sich mehrere Fox-Moderatorinnen und -Moderatoren privat durchaus skeptisch bis ablehnend zu den Wahlbetrugsvorwürfen äußerten. Auch Murdoch selbst gab zu Protokoll, Trumps Behauptungen über einen weitverbreiteten Wahlbetrug stets skeptisch gegenübergestanden zu haben.

Fox' Anwaltsteam beteuert indes, der Sender sei immer "weit davon entfernt gewesen, die Anschuldigungen als wahr zu bezeichnen. Vielmehr informierten die Moderatoren ihr Publikum bei jeder Gelegenheit darüber, dass es sich bei den Anschuldigungen lediglich um Behauptungen handelte, die in kurzer Zeit vor Gericht bewiesen werden müssten, wenn sie das Wahlergebnis beeinflussen sollten."

"Ich hätte es gekonnt"

In Murdoch sehen die Anwältinnen und Anwälte von Dominion Voting Systems eine extrem einflussreiche Person, die die mutmaßlichen Umtriebe hätte stoppen können. "Ich hätte es gekonnt", räumte der 91-jährige Medientycoon ein, "aber ich tat es nicht."

Bis unmittelbar vor dem Sturm von Trump-Anhängern auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021 habe Murdoch einer eigenen Aussage zufolge darauf gehofft, dass das populäre Moderationsteam Sean Hannity, Tucker Carlson und Laura Ingraham offen deklarieren würde, dass Joe Biden tatsächlich und redlich die Wahl gewonnen habe – diese hätten aber, obschon sie privat auch dieser Meinung gewesen seien, davon Abstand genommen, um sich nicht den Zorn des Publikums zuzuziehen.

In Seitensträngen der Justizcausa wird unter anderem auch untersucht, ob es stimmt, dass Murdoch Trumps Schwiegersohn Jared Kushner mit vertraulichen Informationen über Werbung versorgt habe, die die gegnerische Biden-Kampagne auf Fox schalten würde. (Gianluca Wallisch, 28.2.2023)