Proteste in Belgrad gegen den deutsch-französischen Plan.

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Nachdem der kosovarische Premier Albin Kurti und der serbische Präsident Aleksandar Vučić am Montag in Brüssel den deutsch-französischen Vorschlag für ein Normalisierungsabkommen zwischen den beiden Staaten akzeptiert hatten, kritisierten Oppositionspolitiker in beiden Ländern die Einigung und bezichtigten Kurti und Vučić des Verrats.

DER STANDARD

Das Elf-Punkte-Abkommen basiert auf dem deutsch-deutschen Grundlagenvertrag zwischen der BRD und der DDR aus dem Jahr 1972, es wird allerdings nicht dazu führen, dass der Kosovo UN-Mitglied werden kann, weil die Vetomächte Russland und China dagegen sind. Serbien verpflichtet sich aber durch das Abkommen, den Kosovo auf dem Weg in andere internationale Organisationen nicht weiter zu behindern.

Territoriale Integrität

Beide Staaten akzeptieren mit dem Abkommen die "Gleichheit aller Staaten, die Achtung ihrer Unabhängigkeit, Autonomie und territorialen Integrität". Dies ist insofern wichtig, als Serbien bisher immer territoriale Ansprüche auf den Kosovo gestellt hat. Kosovo und Serbien sollen zudem ihre jeweiligen Dokumente und nationalen Symbole, einschließlich der Pässe, Diplome, Kfz-Kennzeichen und Zollstempel, wechselseitig anerkennen.

Die serbisch-orthodoxe Kirche bekommt im Kosovo Schutzstatus. Vorgesehen ist auch ein "angemessenes Maß an Selbstverwaltung für die serbische Gemeinschaft im Kosovo". Dazu gehört die "Möglichkeit finanzieller Unterstützung durch Serbien". Serbien besteht auf einem Verband der serbischen Gemeinden im Kosovo, der noch ausverhandelt werden muss. Bisher gibt es einen Vorschlag der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung, der mit kosovarischem Recht in Einklang steht.

Der deutsche Balkanexperte Bodo Weber meint, dass es für "eine nachhaltige Integration der Kosovo-Serben notwendig ist, den serbischen Staat aus dem Kosovo herauszuholen und die autoritär-kriminelle Transformation in den mehrheitlich serbischen Kommunen rückgängig zu machen". Dies würde der Vorschlag aber nicht beinhalten. Im Kosovo gibt es die Sorge, dass die Führung in Belgrad den Gemeindeverband missbrauchen könnte, um sich in innerkosovarische Angelegenheiten einzumischen.

Überwachungsausschuss

Die EU hat das Abkommen auf ihrer Webseite veröffentlicht. Ein Ausschuss unter dem Vorsitz der EU soll die Umsetzung des Abkommens überwachen. Kurti sagte, er sei bereit gewesen, das Abkommen bereits am Montag zu unterzeichnen. Vučić hingegen will zunächst, dass früher getroffene Abkommen umgesetzt werden, vor allem aber der Verband der serbischen Gemeinden geschaffen wird.

Der serbische Präsident, der weiterhin den Staat Kosovo nicht anerkennen will und wird, meinte nach dem Treffen in Brüssel: "Wir haben unter schwierigen Bedingungen so viel wie möglich für die Zukunft Serbiens in Frieden gekämpft." Er fügte hinzu: "Ich bewahre auch meinen Eid und die Verfassung von Serbien, wonach Kosovo und Metohija Teil Serbiens sind." (Adelheid Wölfl, 1.3.2023)