Die Republikaner wollen die Internet-Plattform mit rund 100 Millionen Nutzern in den USA sogar komplett verbieten.

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Mit seinen menschenleeren Weiten und den schneebedeckten Gipfeln der Rocky Mountains gilt Montana als Inbegriff des amerikanischen Freiheitstraums. Auf den Highways des "Big Sky"-Landes kann man so schnell wie kaum irgendwo in den USA fahren. Jeder Erwachsene darf ohne Lizenz eine Waffe mit sich herumtragen. Doch die Handys in den Taschen der Cowboys stehen neuerdings unter scharfer staatlicher Beobachtung: Schon in wenigen Wochen könnte das republikanisch dominierte Landesparlament ein komplettes Verbot von Tiktok beschließen.

Mit dem am Montag vom dortigen Wirtschaftsausschuss gebilligten Gesetzesentwurf, der Internetanbieter bei Strafandrohung verpflichtet, die chinesische Video-App für sämtliche Kunden zu blockieren, ist der konservative Bundesstaat im Norden der Vereinigten Staaten dem Rest des Landes nur einen Schritt voraus. Am gleichen Tag verfügte die Biden-Regierung, dass – ähnlich wie bei der EU-Kommission – Tiktok wegen Sicherheitsbedenken auf allen Dienstgeräten ihrer Behörden gelöscht werden muss. Auch in Österreich werden Schritte überlegt, die App von den Smartphones von Staatsdienern zu verbannen. Im Washingtoner Kongress aber drängen die Republikaner bereits auf ein vollständiges Verbot der Social-Media-Plattform in den USA.

Sorge wegen des Spions am Smartphone

Mit seinen bisweilen lustigen Filmchen erfreut sich Tiktok vor allem bei jungen Menschen großer Beliebtheit und wird von rund 100 Millionen Amerikanern genutzt. Doch die App befindet sich im Besitz der chinesischen Firma Byte Dance, und in den USA wachsen die Sorgen, dass die Regierung in Peking den Dienst nutzt, um Daten über westliche Nutzer zu sammeln oder Falschinformationen zu verbreiten.

Der Anbieter bestreitet das. Doch im Dezember schlug FBI-Direktor Chris Wray Alarm und warnte vor einer möglichen Einflussnahme der Machthaber in Peking. Nach seinen Worten besitzt die chinesische Regierung den Schlüssel zum Empfehlungsalgorithmus der App. Sie könne daher "den Inhalt manipulieren und, wenn sie will, zur Beeinflussung nutzen". Außerdem habe sie die Möglichkeit, alle möglichen Nutzerdaten zu sammeln.

30-tägige Frist zur Entfernung von Tiktok

Der Kongress hatte daraufhin Präsident Joe Biden zum Handeln aufgefordert. Seine Regierung hat den Behörden nun 30 Tage Zeit gegeben, dafür zu sorgen, dass Tiktok nicht mehr auf den Telefonen ihrer Angestellten genutzt werden kann. Auf diese Weise sollen die Ausspäh-Risiken "für heikles Datenmaterial der Regierung" vermindert werden.

Doch den Republikanern geht das nicht weit genug. Deren Ex-Präsident Donald Trump hatte schon vor Jahren mit einem landesweiten Tiktok-Verbot gedroht. Das will die Partei nun im Repräsentantenhaus, wo sie seit Anfang des Jahres eine Mehrheit besitzt, vorantreiben. Noch ist unklar, ob der Vorstoß angesichts der Proteste von Bürgerrechtsgruppen im demokratisch dominierten Senat eine Mehrheit findet.

Am Dienstag wollte der Auswärtige Ausschuss des Repräsentantenhauses erstmals eine entsprechende Gesetzesvorlage debattieren. "Tiktok ist ein Sicherheitsrisiko", sagte dessen Vorsitzender Michael McCaul: "Jeder, der Tiktok auf seinem Gerät herunterlädt, öffnet der Kommunistischen Partei Chinas eine Hintertür zu seinen persönlichen Informationen." Mit einem plastischen aktuellen Bild warnte der Republikaner vor den Gefahren der Video-App: "Das ist ein Spionageballon in eurem Telefon!" (Karl Doemens aus Washington, red, 28.2.2023)