Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán beim Nato-Gipfel der Staats- und Regierungschefs im Juni 2022 in Madrid.

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Außer der Türkei ist Ungarn das letzte Nato-Land, das die Beitrittsprotokolle für Schweden und Finnland noch nicht ratifiziert hat. Am Mittwoch erörtert nun das Parlament in Budapest die entsprechende Vorlage der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán. Die Abstimmung dürfte Anfang kommender Woche über die Bühne gehen. Ihr positiver Ausgang gilt als gesichert. Auch die linke und liberale Opposition wird dafür stimmen.

All dies hätte ohne Not schon viel früher passieren können. Die Orbán-Regierung hatte die Vorlage schon vor Monaten im Parlament eingereicht. Die von Orbán per Zweidrittelmehrheit beherrschte Volksvertretung setzte sie bisher nicht auf die Tagesordnung.

Kuschelkurs gegenüber Moskau

Der Rechtspopulist Orbán ließ sich bewusst Zeit. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine setzte er seinen Kuschelkurs gegenüber Moskau weitgehend fort. Die Sanktionen der EU gegen den Aggressor Russland trug er widerwillig mit, mit der Vetodrohung erzwang er für sein Land eine Ausnahme für russische Ölimporte. Auf allen möglichen Podien ruft er nach "Frieden" und "sofortigem Waffenstillstand". Die von ihm weitgehend kontrollierten Medien machen die Ukraine madig und lassen das russische Kriegshandeln zumindest "verständlich" erscheinen.

Bei der Nato-Norderweiterung tut Orbán so, als hätte er eh nichts dagegen. Die Abgeordneten rief er mehrfach dazu auf, mit Ja für die Ratifizierung zu stimmen. Zugleich gebe es aber auch "heftige Diskussionen" innerhalb der Regierungspartei Fidesz, gab er zu bedenken. Schweden, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, würde Ungarn immer wieder wegen Korruption und Demokratiedefiziten "grundlos" und "derb" angreifen, hieß es angeblich auf einer Fidesz-Fraktionsklausur letzte Woche im Plattensee-Bad Balatonfüred.

Freilich will das niemand so wirklich glauben. Der Einzige, der bestimmt, worüber in der Partei diskutiert wird, ist Orbán. Es wäre nicht verwunderlich, wenn der ungarische Autokrat am Ende auch dieses Thema für eine kleine Erpressung nutzte. (Gregor Mayer aus Budapest, 1.3.2023)