Die Beschaffungsstrategie von Energieversorgern sei über einen langen Zeitraum hinweg "nicht mehr zeitgemäß" gewesen, sagte Mattle.

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Innsbruck – Nachdem die Tiroler Arbeiterkammer (AK) am Montag ein Gutachten zur Rechtswidrigkeit der Strompreiserhöhungen von Tiroler und Salzburger Energieversorgern vorgelegt hatte, erwartet sich Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) eine baldige Bewertung durch den landeseigenen Energieversorger Tiwag. Bei einem Pressegespräch am Dienstag verteidigte er aber die bisherige Preisgestaltung, die an den Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) gebunden war.

Die Bindung an den ÖSPI sei über Jahre ein gutes Instrument gewesen, als die "Preise stabil" gewesen seien. Doch nun, in Zeiten stark schwankender Strompreise, sei die Beschaffungsstrategie über einen langen Zeitraum hinweg "nicht mehr zeitgemäß", sagte Mattle. Er erwarte nun eine Bewertung des AK-Gutachtens sowie des Urteils des Handelsgerichts Wien innerhalb von zehn bis 14 Tagen. Das Wiener Handelsgericht hatte zuletzt die Strompreiserhöhung des teilstaatlichen Verbunds für unzulässig erklärt, weil der Verbund selbst viel Strom produziert.

"Gratwanderung"

Mattle, der auch Tiwag-Eigentümervertreter ist, hielt jedoch fest, dass für die Preisgestaltung der Tiwag der "Schutzmantel Aktiengesellschaft" nicht ausreiche – es benötige schon eine "Gesamtschau". LHStv. Georg Dornauer (SPÖ) meinte dazu, dass Tirol weiterhin in Wasserkraft investieren wolle. Es sei nun eine "Gratwanderung", um die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Ausbau nicht zu verlieren.

Tirols AK-Präsident Erwin Zangerl pochte am Dienstag einmal mehr auf Strompreisänderungen. Er gab den heimischen Stromanbietern in einer Aussendung bis Anfang April Zeit, ihre Preispolitik gemäß den Vorgaben neu zu definieren und auszuweisen, woher der Strom bezogen wird, und die Strompreise an den tatsächlich angebotenen Strommix anzupassen. Tiwag und Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) sollen überhaupt von den angekündigten Erhöhungen absehen, forderte Zangerl.

Forderung nach öffentlicher Erklärung

Tirols FPÖ-Landesparteichef Markus Abwerzger griff den AK-Ball auf und forderte, dass die "dubiose Tiwag-Preis-Politik" zum Top-Thema der Landespolitik werden müsse. Es gehe einfach nicht, dass sich "öffentliche Unternehmen in Zeiten der größten Wirtschafts- und Energiekrise nach dem Zweiten Weltkrieg eventuell finanziell bereichern", erklärte Tirols oberster Blauer in einer Aussendung und nahm Mattle in die Pflicht. Darüber hinaus ließ Abwerzger, seines Zeichens auch Obmann des Finanzkontrollausschusses und des Beteiligungsunterausschusses des Landtages, wissen, dass die Tiwag-Verantwortlichen am 9. März den Mitgliedern des Beteiligungsunterausschusses Rede und Antwort stehen müssten.

Auch die oppositionellen Tiroler Neos und die Liste Fritz sahen die Politik gefragt. Neos-Klubchef Dominik Oberhofer forderte einen öffentlichen Preisgipfel, Liste-Fritz-Klubobmann Markus Sint will eine Absage der angekündigten Tiwag-Strompreissteigerung ab Juni. Das Gutachten beurteilte diese nämlich als rechtswidrig. Die Verantwortlichen müssen ihre Preisgestaltung öffentlich erklären, forderte Oberhofer. Er schlug vor, dass in den kommenden Tagen im Landtagssitzungssaal eine öffentliche Veranstaltung dazu stattfinden solle. (APA, 28.2.2023)