Christoph Daxer untersucht Kärntner Seen, um vergangene Erdbeben zu erforschen.
Foto: Ariana Molenaar

Im Jahr 1348 bebte in Kärnten und Friaul gewaltig die Erde. Eine Folge davon war ein Felssturz am Bergstock des Dobratsch nahe Villach, der den Wasserlauf der Gail unterbrach und zu enormen Überflutungen führte. Doch wo das Epizentrum lag und wie häufig derart starke Beben sind, ist aus den historischen Aufzeichnungen nur schwer nachvollziehbar. Konkretere Informationen würden aber auch bei der Einschätzung der aktuellen Erdbebengefahr helfen.

Spurensuche in Schlammlawinen

Wo die Geschichtsquellen versiegen, kann die Geologie einspringen. Christoph Daxer, Doktorand in der Arbeitsgruppe Sedimentgeologie an der Universität Innsbruck, untersuchte gemeinsam mit Kollegen in einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt die Sedimente in acht Kärntner Seen auf Hinweise auf vergangene Erdbeben. "Seismische Aktivitäten ab einer gewissen Stärke verursachen unterseeische Hangrutschungen", erklärt der 1992 geborene und im Montafon aufgewachsene Vorarlberger. "Aus den Spuren dieser Schlammlawinen, die mittels akustischer Messverfahren aufgenommen werden können, lässt sich die Stärke der Erdbeben rekonstruieren. Im Abgleich mit Sedimentbohrkernen kann das Beben genau datiert werden."

Gemeinsam mit der Universität Bern und Geosphere Austria, einer Forschungsstelle des Wissenschaftsministeriums, konnte das Ereignis von 1348 besser charakterisiert werden. "Vergangene Forschungen legten nahe, dass das Epizentrum des Bebens von 1348 weit unten im Friaulischen lag. Anhand der ausgeprägten Spuren im Wörthersee konnten wir aber zeigen, dass die Intensität viel höher gewesen sein muss als jene der Friauler Beben von 1976, bei denen 900 Menschen starben", betont der Geologe. "Demnach ist für das Beben von 1348 ein Epizentrum nahe der Kärntner Grenze sehr wahrscheinlich."

"Glücksgriff" Erdbeben

Die Erkenntnisse bergen eine gute Nachricht. "Eine Bebenstärke wie die von 1348 ist in Kärnten sehr selten. Wir müssen 11.500 Jahre zurückgehen, um ein ähnliches Ereignis zu finden", sagt Daxer. Damit bestätigen die Daten die aktuelle Gefahrenbeurteilung für Kärnten. Die Wahrscheinlichkeit, dass in den kommenden 50 Jahren hier ein Beben auftritt, das zumindest Gebäudeschäden verursacht, liegt bei etwa fünf bis sechs Prozent.

Für Daxer ist die Erforschung der Bebenspuren in Seen ein "Glücksgriff", weil sich dabei Geologie und Biologie verbinden lassen. Er studierte Erdwissenschaften und Biologie an der Uni Innsbruck bis auf Bachelorniveau. Im Bereich der Geologie legte er noch Master- und Doktoratsstudium drauf. Seine Zukunft sieht der Vorarlberger dennoch wohl nicht in der Wissenschaft. "Es dauert so lange, bis wissenschaftliche Erkenntnisse gesellschaftliche Akzeptanz finden", sagt Daxer. Er möchte selbst zur Tat schreiten. "Seit drei Jahren bin ich in der Naturvermittlung tätig. Ich mache Führungen und halte Vorträge. Ich möchte mich auch künftig noch stärker im Umweltschutz engagieren." (Alois Pumhösel, 19.3.2023)