Die Such- und Rettungsaktion dauert noch an.

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Athen/Brüssel – Bei einem schweren Zugunglück in Griechenland sind in der Nacht auf Mittwoch nach Angaben der Feuerwehr mindestens 38 Menschen ums Leben gekommen. Über 80 Personen wurden schwer verletzt und in Krankenhäusern behandelt. Die Such- und Rettungsaktion dauert an, mit Kränen und anderen schweren Geräten versuchten die Retter, die entgleisten Waggons zu heben, um nach Überlebenden und Opfern zu suchen.

VIDEO: Rettungskräfte suchen und bergen Überlebende nach Zugunglück bei Tempi.
DER STANDARD|AFP

Ein aus Athen gestarteter Personenzug stieß nach ersten Angaben von Eisenbahnern frontal mit einem aus der Gegenrichtung – der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki – kommenden Güterzug zusammen. Der Personenzug war der Intercity 62, der aus Athen um 19.22 Uhr mit rund 350 Reisenden nach Thessaloniki gestartet war. Die ersten vier Wagen des Personenzugs seien entgleist, sagte der Gouverneur der Region Thessalien, Konstantinos Agorastos. Die beiden Wagen an der Spitze des Zuges hätten Feuer gefangen und seien nahezu vollständig zerstört worden.

Viele Passagiere erlitten demnach Brandwunden und wurden in Krankenhäuser gebracht. Rund 250 Passagiere konnten in Sicherheit gebracht werden. Bei vielen Passagieren soll es sich um Studierende gehandelt haben, die nach einem verlängerten Wochenende wegen eines Feiertags nun auf dem Weg zur Universität von Thessaloniki waren. Die Zahl der Todesopfer könnte noch steigen.

Ein aus Athen gestarteter Personenzug stieß bei Tempi frontal mit einem aus der Hafenstadt Thessaloniki kommenden Güterzug zusammen.

Bei Tagesanbruch wurde das Ausmaß des Unglücks erst deutlich: Die Unfallstelle gleicht einem Trümmerfeld. Das griechische Fernsehen zeigte Videos von der Unglücksstelle bei Tempi in Mittelgriechenland. Feuerwehrleute und Rettungskräfte versuchten, Überlebende zu finden. "Es herrschte Chaos und ein Höllenlärm", sagte ein Überlebender im Fernsehen. "Wir haben mit unseren Koffern die Fensterscheiben eingedrückt und sind in der Dunkelheit tastend aus unserem Waggon rausgegangen", sagte ein junger Mann.

Ursachensuche

Inzwischen wird nach den Ursachen gesucht. Der für die Unglücksstrecke zuständige Eisenbahnchef sei festgenommen worden, berichtete das Fernsehen am Mittwoch. Die Strecke, die Athen mit Thessaloniki verbindet, war in den vergangenen Jahren modernisiert worden. Die griechischen Bahnen (Hellenic Train) werden von der italienischen Staatsbahn Ferrovie dello Stato Italiano (FS) betrieben. Bei Rettungskräften und Reportern herrschte Fassungslosigkeit darüber, dass der Intercity mit rund 350 Passagieren an Bord auf demselben Schienenstrang wie der entgegenkommende Güterzug unterwegs war, obwohl die Strecke zweispurig ausgebaut ist.

Trotz der Modernisierung mit neuen Brücken und Tunneln und zwei Gleisen entlang der gesamten rund 500 Kilometer langen Strecke Athen–Thessaloniki gebe es erhebliche Probleme bei der elektrischen Koordination der Verkehrskontrolle. "Wir fahren wie in alten Zeiten von einem Streckenteil zum anderen per Funk. Die Stationsleiter geben uns grünes Licht", sagte Kostas Genidounias, Präsident der Gewerkschaft der Lokführer, im Radio. Warum das geschieht und kein modernes Leitsystem funktioniert, konnte er nicht sagen.

Reaktionen aus Brüssel

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich erschüttert über den schweren Zugunfall gezeigt. "Ganz Europa trauert mit Ihnen", schrieb von der Leyen am Mittwoch auf Twitter. Ihre Gedanken seien bei den Menschen in Griechenland. Den Verletzten wünschte die deutsche Politikerin eine schnelle Genesung. Auf Griechisch ergänzte von der Leyen, dass die EU an der Seite Griechenlands stehe.

Auch EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola zeigte sich tief betrübt. Sie richtete ihr Beileid auf Twitter an die Opfer, deren Familien und Freunde und dankte den Rettungskräften sowie dem medizinischen Personal. "Unsere Gedanken sind nach diesem tragischen Ereignis bei den Menschen in Griechenland." EU-Ratschef Charles Michel äußerte sich ähnlich. Er sei schockiert von den Nachrichten aus Griechenland. "Meine Gedanken sind heute Morgen bei den Menschen in Griechenland." (APA, 1.3.2023)