August Wöginger und Sigrid Maurer, die Klubobleute von ÖVP und Grünen, gaben bekannt, neuerlich Gespräche über eine Mietpreisbremse aufzunehmen.

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Noch ist im Ringen um eine Mietpreisbremse nicht aller Tage Abend. In der Vorwoche waren die Verhandlungen gescheitert. Am Mittwoch gaben ÖVP und Grüne in getrennten Stellungnahmen bekannt, weiter über eine solche Preisbremse zu reden. Man arbeite an einer "guten Lösung", ließen die Klubobleute August Wöginger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne) wissen. Laut Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist ein "Gesamtpaket" zum Wohnen in Arbeit, das auch Häuslbauer und Genossenschaftsmieterinnen entlasten soll.

Frage: Warum konnte sich die türkis-grüne Regierung bislang nicht auf eine Mietpreisbremse einigen?

Antwort: Eigentlich war das Vorhaben so gut wie ausverhandelt. Die ÖVP wollte die Causa dann aber noch mit einem Entfall der Grunderwerbsteuer beim ersten entgeltlichen Kauf eines Eigenheims bis zum Wert von 500.000 Euro junktimieren. Die Grünen fühlten sich davon überrumpelt. Die ÖVP meinte, der Vorschlag sei diesen schon länger bekannt gewesen.

Frage: Was ist eigentlich unter einer Mietpreisbremse zu verstehen?

Antwort: In der aktuellen Diskussion wird darunter die Aussetzung der Inflationsanpassung der Miet-Richtwerte verstanden, also der Basis für die Mieten in Altbauwohnungen, die ab März 1994 angemietet wurden, sowie über manche Gemeindewohnungen, deren Vermietung sich am Richtwert orientiert. Andere europäische Länder konnten auf einer breiteren Basis in die Indexierungen eingreifen, also auch in Neubaumieten. In Österreich stand ein solcher Eingriff bisher nicht zur Debatte, und er wäre bei Neubauten, die keinerlei Mietpreisdeckel unterliegen, auch wenig effektiv. Denn im Zusammenspiel mit den vielen Befristungen wäre es für Vermieter ein Leichtes, etwaige Beschränkungen bei der Inflationsanpassung des laufenden Vertrags mit einer höheren Miete in einem baldigen neuen Vertrag auszugleichen.

Frage: Was würde die Nicht-Einigung für die Mietzinserhöhung in den kommenden Jahren bedeuten?

Antwort: Das im Jahr 2021 beschlossene Mietzinsrechtliche Pandemiefolgenlinderungsgesetz schreibt vor, dass sowohl 2022 als auch 2023 die Richtwertanhebung durchgeführt werden muss. Die Richtwerte würden also automatisch um die vorgesehenen rund 8,6 Prozent steigen. 2024 wäre Pause, ehe 2025 im gewohnten Zwei-Jahres-Rhythmus die nächste Anhebung käme.

Frage: Was passiert am 1. April?

Antwort: Im Fall des Scheiterns der Mietpreisbremse würde ab 1. April zunächst bei Neuvermietung einer Altbau- oder Gemeindewohnung der neue Richtwert für das jeweilige Bundesland angewendet werden können. Bei bestehenden Verträgen können die Mieten frühestens ab 1. Mai angehoben werden.

Frage: Bis wann müsste die Mietpreisbremse beschlossen werden?

Antwort: Mit Sondersitzungen von National- und Bundesrat ginge es wohl auch in der letzten März-Hälfte noch. Ohne eine Sondersitzung des Bundesrats, der am 16. März tagt, müsste alles in der ersten März-Hälfte über die Bühne gehen: Eine Nationalratssitzung für die Zuweisung an den Bautenausschuss, die Ausschusssitzung und eine nochmalige (Sonder-)Sitzung des Nationalrats.

Frage: Was fordern SPÖ, Gewerkschaft und Arbeiterkammer?

Antwort: SPÖ, Gewerkschaft und Arbeiterkammer rückten am Mittwoch erneut aus, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Geht es nach SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, sollen die Mieten "bis Ende 2025 eingefroren werden, danach sollen Mieterhöhungen auf maximal zwei Prozent pro Jahr begrenzt werden". Angesichts der "aktuellen Rekordinflation" sei es "inakzeptabel und alles andere als nachvollziehbar, nicht jede Möglichkeit zu nutzen, um die Menschen zu entlasten", sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Die Regierung nehme "bewusst den Anstieg der Armut in unserem Land in Kauf", wenn diese "nicht rasch handet", appellierte AK-Präsidentin Renate Anderl. Auch FPÖ und Mieterschutzorganisationen fordern eine rasche Lösung.

Frage: Was bedeutet die Angelegenheit für die Koalition?

Antwort: Die Genese zu den Verhandlungen zur Mietpreisbremse zeigt einmal mehr: Es ist Sand im Getriebe der türkis-grünen Koalition. Schon zuletzt hatten die Regierungsparteien mehrfach Schwierigkeiten, sich auf konkrete Gesetzesvorhaben zu einigen. (Martin Putschögl, Sandra Schieder, 1.3.2023)