Ob sich die beiden Herren tatsächlich leibhaftig begegnen, geschweige denn miteinander sprechen werden, war am Mittwoch mehr als ungewiss. Fest stand aber, dass sich die Außenminister der USA und Russlands, Antony Blinken und Sergej Lawrow, beim G20-Treffen in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi – jedenfalls physisch – so nahe kommen dürften wie schon länger nicht mehr.

Die Fronten waren vorab auch auf dem diplomatischen Parkett höchst verhärtet: Während EU-Außenbeauftragter Josep Borrell auf eine explizite Verurteilung von Russlands Angriffskrieg in der Ukraine durch die G20-Gruppe pochte und auf die "Fähigkeiten der indischen Diplomatie" baute, ließ Moskaus Botschaft in Indien mit einer kryptischen Ankündigung aufhorchen. Man sei fest entschlossen, "entschieden und offen über die Gründe und Anstifter der derzeitigen ernsten Probleme in der Weltpolitik und der globalen Wirtschaft" zu sprechen, hieß es. Die "zerstörerische Politik der Vereinigten Staaten und deren Verbündeter" habe die Welt schließlich "bereits an den Rand eines Desasters gebracht".

Gastgeber Indien positioniert sich neutral, trägt westliche Sanktionen nicht mit und wirbt immer wieder für die Konfliktlösung durch Dialog. Bisher, so wird bei einem Blick auf das Schlachtfeld im fernen Europa deutlich, war diese Strategie aber nicht von Erfolg gekrönt.

Weiter Kämpfe in Bachmut

Im Osten der Ukraine etwa dauern die Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt Bachmut nämlich unvermittelt an. Nach ukrainischen Angaben steht die Stadt mit einst 70.000 Einwohnern im Gebiet Donezk unter russischem Feuer. Die Armeeführung in Kiew teilte am Mittwoch auch mit, dass Scharfschützen eine Gruppe russischer Aufklärer erschossen hätten, die in der Nacht zu ukrainischen Stellungen hätten vordringen wollen. Sieben Russen seien getötet, drei verletzt worden. In Bachmut ist auch die Söldnergruppe Wagner aktiv.

Ein ukrainischer Soldat in einem Graben an der Frontlinie.
Foto: REUTERS/Lisi Niesner

Zuletzt war unter Beobachtern darüber spekuliert worden, ob wegen der Situation in Bachmut eine Spaltung innerhalb der Führung in Kiew droht. Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar stellte am Dienstagabend im Fernsehen hingegen klar, es sei keine politische Entscheidung, die Stadt zu halten, sondern sie folge strategischen Überlegungen. "Die Verluste des Gegners sind sehr hoch. Unsere Kämpfer können bis zu 80 Prozent der Terroristen vernichten", sagte sie. Eine unabhängige Überprüfung dieser Angaben ist – wie so oft in diesem Krieg – unmöglich.

Lukaschenko in Peking

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko ist indes am Mittwoch in Peking mit Chinas Ministerpräsident Li Keqiang zusammengetroffen. Bei dem Besuch dürfte es bis Donnerstag auch um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und eine engere militärische Zusammenarbeit gehen. Lukaschenko ist einer der engsten Verbündeten Russlands, von Belarus aus werden regelmäßig Luftangriffe auf die Ukraine geflogen, einen direkten Kriegseintritt hat Lukaschenko bisher aber nicht angeordnet. China hatte zuletzt ein Positionspapier zum Krieg in der Ukraine vorgelegt, das international als Bekenntnis zu Pekings Allianz mit Russland interpretiert worden war.

Finnlands Parlament sagt Ja

Das finnische Parlament hat unterdessen am Mittwoch wie erwartet für den Nato-Beitritt des Landes gestimmt. Ursprünglich war geplant, gemeinsam mit dem Nachbarn Schweden beizutreten, die Türkei legt sich aber seit Monaten quer. In Ungarn, das den Antrag der beiden nordischen Länder ebenfalls bisher nicht ratifiziert hat, wird in der nächsten Woche im Parlament darüber abgestimmt. Die Beratungen dazu begannen am Mittwoch. (Florian Niederndorfer, 2.3.2023)