Auch Arbeitnehmer können im Rahmen der Arbeitszeiterfassung schwerwiegende Fehler begehen.

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Europaweit häufen sich Gerichtsentscheidungen zur gebotenen Arbeitszeiterfassung. In Deutschland erging jüngst ein vieldiskutiertes Urteil, wonach auch für leitende Angestellte Aufzeichnungen zu führen sind. Wenngleich diese Urteile keine unmittelbare Konsequenz für Österreich haben, kommt es auch in der österreichischen betrieblichen Praxis zu diversen Fehlern bei der Arbeitszeiterfassung.

Diese können arbeitgeberseitig beispielsweise zu Geldstrafen von bis zu 1.815 Euro pro betroffenen Arbeitnehmer wegen fehlender oder unrichtiger Arbeitszeitaufzeichnungen führen. Zudem können Fristen, deren Ablauf zum Erlöschen eines Entgeltanspruchs führt, gehemmt sein, wenn die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit wegen des Fehlens von Arbeitszeitaufzeichnungen unzumutbar ist. Arbeitnehmerseitig können falsche Aufzeichnungen sogar zur Entlassung führen. Im Extremfall droht den Involvierten sogar gerichtliche Strafbarkeit, beispielsweise wegen Beweismittelfälschung oder Betruges.

1. Aufzeichnungspflicht

Zum Nachweis der Einhaltung von Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten sind Arbeitgeber unabhängig von der Größe des Betriebs verpflichtet, Aufzeichnungen über die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zu führen. Bloße Schichtpläne oder sonstige Arbeitszeiteinteilungen sind keine Arbeitszeiterfassung, sondern zeigen nur geplante Zeiten.

Im Regelfall sind der minutengenaue Beginn bzw. das minutengenaue Ende der Arbeitszeit sowie der Pausen aufzuzeichnen. In Ausnahmefällen reicht eine bloße Saldenaufzeichnung (zum Beispiel "acht Stunden"). Das ist dann der Fall, wenn Arbeitnehmer sowohl den Arbeitsort als auch die Lage der Arbeitszeit weitgehend selbst bestimmen können oder ihre Tätigkeit überwiegend in ihrer Wohnung ausüben. Besteht eine schriftlich festgehaltene, fixe Arbeitszeiteinteilung, müssen nur Abweichungen davon aufgezeichnet sowie die sonstige Einhaltung der Arbeitszeiteinteilung bestätigt werden.

Eine bestimmte Form der Aufzeichnung ist gesetzlich nicht vorgegeben. Aufzeichnungen können daher beispielsweise mittels Stechuhr, aber auch in anderer geeigneter Art (zum Beispiel mittels Excel-Dokument) erfolgen. Arbeitgeber können ihre Arbeitnehmer dazu anhalten, die Aufzeichnung selbst vorzunehmen. Die Übertragung der Aufzeichnungspflicht entbindet den Arbeitgeber aber nicht von seiner Kontroll- und Dokumentationspflicht und von der Haftung für unvollständige oder fehlende Aufzeichnungen.

2. Auf- und Abrunden sowie Kappen von Arbeitszeiten

In der betrieblichen Praxis kommt es mitunter vor, dass Arbeitsstunden auf- oder abgerundet werden. Damit gemeint sind Szenarien, in denen die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers, der beispielsweise bereits um 7.50 Uhr zu arbeiten beginnt, erst um 8.00 Uhr und somit immer zur nächsten vollen Viertelstunde aufgezeichnet wird. Ein ähnliches Szenario stellt das Kappen der Arbeitszeit dar, bei dem beispielweise nicht mehr als zehn Stunden pro Tag aufzeichenbar sind. Beide Varianten widersprechen dem Gebot der minutengenauen Aufzeichnung und führen letztlich dazu, dass die Arbeitszeit unzulässig verkürzt wird. Vor allem bei bloß kollektivvertraglicher Entlohnung oder geringen Überzahlungen kann das auch zu strafbarer Unterentlohnung und damit zu signifikanten Geldstrafen führen. Zudem können Arbeitnehmer das Entgelt binnen der Verjährungs- und Verfallsfristen (das heißt im Regelfall bis zu drei Jahre) gerichtlich nachfordern.

3. Ruhepausen und automatischer Pausenabzug

Nach mehr als sechs Stunden Arbeit steht dem Arbeitnehmer eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde zu. Auch Beginn und Ende der Pause sind minutengenau aufzuzeichnen. Das in der betrieblichen Praxis häufig geübte automatische Abziehen der Ruhepause ist in mehrfacher Sicht problematisch. Dies gilt insbesondere, wenn die Ruhepause vom Arbeitnehmer nicht oder nicht in der abgezogenen Länge konsumiert wurde. Das ist zwar ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz, ändert aber nichts daran, dass auch die gearbeitete Pause als Arbeitszeit zu behandeln und zu bezahlen ist. Bei bloß kollektivvertraglicher Bezahlung besteht daher auch in diesem Fall das Risiko strafbarer Unterentlohnung. Gleichzeitig könnte der Arbeitnehmer längere Pausen machen, sich nur die 30 Minuten abziehen lassen und somit seine Arbeitszeit kürzen.

4. Falsche Aufzeichnungen durch den Arbeitnehmer

Auch Arbeitnehmer können im Rahmen der Arbeitszeiterfassung schwerwiegende Fehler begehen. Dies etwa, indem ein früherer Beginn oder ein späteres Ende der Arbeit eingetragen werden oder länger arbeitende Kollegen für einen früher gegangenen Arbeitnehmer ausstempeln. Auch ein bewusstes früheres Erscheinen, um nach dem Einzustempeln mit Kollegen Kaffee zu trinken, ist unzulässig. Dasselbe gilt umgekehrt, wenn nach Beendigung der Arbeit, aber vor dem Ausstempeln noch umfassend geplaudert wird. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat bereits mehrfach klargestellt, dass das Erfassen falscher Arbeitszeiten einen Entlassungsgrund darstellt. Das Fehlverhalten ist nach Ansicht des OGH derart evident, dass in vielen Fällen keine vorherige Verwarnung notwendig ist. Wenn aus den falschen Arbeitszeitaufzeichnungen auch ein höheres Entgelt resultiert (zum Beispiel Anspruch auf Überstundenentlohnung oder Zeitausgleich), kann sogar strafbarer Betrug vorliegen.

5. Leitende Angestellte

Ein weiterer häufiger Fehler ist es, Arbeitszeitaufzeichnungen für leitende Angestellte zu unterlassen. Richtig ist, dass leitende Angestellte mit maßgeblicher selbstständiger Entscheidungsbefugnis unter gewissen Umständen vom Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen sind und daher keine gesetzliche Verpflichtung zur Aufzeichnung der Zeiten besteht. Allerdings werden oft gerade solche Arbeitnehmer ein All-in-Gehalt oder ein Überstundenpauschale erhalten. Bei einer derartigen Pauschalvergütung von Überstunden ist einmal jährlich eine Deckungsprüfung vorzunehmen. Dabei wird geprüft, ob die tatsächlich geleisteten Stunden mit dem erhaltenen Entgelt tatsächlich abgegolten sind. Eine solche Prüfung wird ohne Arbeitszeiterfassung nicht möglich sein. Sollte es dadurch zu einer Unterschreitung der kollektivvertraglichen Mindestentgelte kommen, droht wiederum Strafbarkeit wegen Unterentlohnung.

Um Strafbarkeit und sonstige nachteilige Folgen im Zusammenhang mit den Arbeitszeitaufzeichnungen zu vermeiden, erscheint es deshalb empfehlenswert, die Arbeitszeit sowie Pausen aller Arbeitnehmer minutengenau aufzuzeichnen. Diese Aufzeichnungen sollten den tatsächlichen Zeiten ohne jegliche Modifikationen entsprechen. (Christopher Peitsch, Nina Neumaier, 4.3.2023)