Ron DeSantis, republikanischer Gouverneur von Florida, ätzt gegen ESG-Kriterien.

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Corona hin, Corona her: Ethisch vertretbare Veranlagungen waren auch während der Pandemie derHype vor allem in der angelsächsischen Finanzindustrie. Nach Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC verwalteten Geldmanager allein in der Vereinigten Staaten Ende 2021 an die 4500 Milliarden Dollar, die gemäß ESG-Kriterien angelegt wurden, was etwa zehn Prozent des gesamten angelegten Vermögens in den USA entsprach. Nun gibt es eine Gegenbewegung ebendort.

Es sind konservative Politiker wie der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, oder der Minderheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, die gegen ESG agitieren. Die drei Buchstaben stehen für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Diese Kriterien sind von Finanzinstituten zunehmend als Bewertungsmaßstab für Investitionen herangezogen worden. Die Idee dahinter: Eine Geldanlage sollte nicht schädlich sein für die Welt.

Kritik an "woke capitalism"

In den USA ist das verwoben mit Kritik am "woke capitalismus". Der Begriff steht, einfach übersetzt, für einen "wachsamen Kapitalismus", der auf die sich wandelnden Interessen jüngerer Generationen Rücksicht nimmt. Diese verlangen in der Regel mehr von Unternehmen, als nur Gewinne zu machen. So sollen zum Beispiel die Interessen aller vom Handeln des Unternehmens betroffenen Interessengruppen und die Probleme des Klimawandels berücksichtigt oder auch Minderheiten einbezogen werden.

Wall-Street-Giganten wie Blackrock, Blackstone oder KKR berichten laut Financial Times von zunehmendem Druck, von ESG-Kriterien Abstand zu nehmen. 18 Bundesstaaten mit republikanischer Mehrheit haben bereits einschlägige Gesetze erlassen. Staatliche Pensionsfonds werden demnach verpflichtet, sich von Geldverwaltern zu trennen, die bei ihren Investitionen beispielsweise Klima- oder Rassengleichheitsbedenken berücksichtigen.

Anti-ESG-Stimmung steigt

Blackstone, die weltweit größte Private-Equity-Firma, hat bekanntgegeben, dass die strikte Anwendung dieser Gesetze sowohl die Mittelbeschaffung als auch die Einnahmen beeinträchtigen könnte. Die Anti-ESG-Stimmung habe in den USA an Fahrt aufgenommen, halten auch die Blackstone-Konkurrenten Carlyle, TPG und Ares in ihren jüngst publizierten Jahresberichten fest.

In Österreich, aber auch in anderen Ländern Europas ist davon noch nichts zu spüren, im Gegenteil. Nachhaltigkeit ist ein Thema, das in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und für die allermeisten Unternehmen ein Muss darstellt, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Trotzdem ist nicht überall Nachhaltigkeit drin, wo ESG draufsteht. Doch auch hier wird sich "die Spreu vom Weizen trennen", wie CSR-Expertin Gabriele Faber-Wiener im STANDARD-Gespräch formuliert.

Wird auch nach Österreich kommen, abgeschwächt

Früher oder später werde wie so vieles auch diese in den USA an Fahrt gewinnende Gegenbewegung zu ESG nach Europa schwappen. "Das wird anders sein und abgeschwächt, aber sie wird kommen. Wir sind in einer Phase, wo offensichtlich erkannt wird, dass es jetzt ans Eingemachte geht", sagt Faber-Wiener. "Wenn man ESG ernst nimmt, hat das zum Teil schmerzhafte Konsequenzen, weil es zunächst Geld kostet." Langfristig würden die Unternehmen, die Nachhaltigkeit auch leben, resilienter und als Arbeitgeber interessanter, sagt Faber-Wiener, die auch Vorsitzende der Jury ist, die seit 20 Jahren den Trigos-Nachhaltigkeitspreis vergibt. 2745 Einreichungen gab es bisher und 289 Preisträger. Die Einreichfrist für den Preis 2023 läuft bis 31. März. (Günther Strobl, 1.3.2023)