Die Crème des norwegischen Sports vertraut Felix Breitschädel.

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Keine Seltenheit bei der WM: Drei Norweger am Podest wie hier im 15-Km-Freistil-Bewerb.

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Den nächsten norwegischen Langlauftriumph in Planica – einen von Skiathlon-Champion Simen Hegstad Krüger angeführten vierfachen über 15 Kilometer Skating – erlebte Felix Breitschädel zu Hause vor dem Fernseher mit. Zu Hause ist für den Salzburger aber seit Jahren nicht Henndorf, wo er herkommt, sondern Norwegen, wohin er 2005 des Studiums wegen ging. Auch privates Glück hat den Braindrain ausgelöst. Felix Breitschädel, mit einer Norwegerin verheiratet und Vater dreier Kinder, ist der einzige Österreicher, der arbeitet, wo das Herz des norwegischen Spitzensportes schlägt – als Head of Equipment and Technology am Olympiatoppen.

Breitschädel (43) erklärt die Einrichtung, die in nüchternen Bauten oberhalb Oslos untergebracht ist, für Österreicher als Mischung aus nationalem Olympischem Comité und Bundessportorganisation (heute Sport Austria). Olympiatoppen vereine Experten in Fachbereichen wie Ausdauer-, Kraft- oder Koordinationstraining, Motorik, Ernährung, Sportpsychologie, Coaching, Gesundheit und Karrierebetreuung nach dem Sport, "weil die meisten Spitzensportler hören ja einmal auf, es sei denn, sie heißen Ole Einar Björndalen. Ich bin verantwortlich für Ausrüstung und Technologie."

Fast ein Eigenbau

Die Norweger haben sich Breitschädel gleichsam selbst hergerichtet. Als Orientierungsläufer war für den Studierenden der Sportgerätetechnik an der FH Technikum Wien ein Austauschsemester an der technischen Uni in Trondheim (NTH) ideal. Nach der Diplomarbeit zum Thema "Technical aspects to improve performance in crosscountry skiing" wurde ihm an der NTH ein Doktoratsstudium angeboten, das von Olympiatoppen finanziert wurde. "Die schauen, dass sie Synergien ausnützen, und gehen mit konkreten Projekten an die Universitäten wie Trondheim, wo sich ein Zentrum für Sportanlagen und -technologie etabliert hat", sagt Breitschädel.

Der Wechsel in die Hauptstadt lag dann auf der Hand, der Österreicher übernahm nach einer Pensionierung die Abteilung für Ausrüstung und baute sie aus. Seit den späten 1980er-Jahren, als sich Olympiatoppen etablierte, arbeiten alle nordischen Sportarten in Sachen Skientwicklung zusammen, "schließlich ist die Reibung zwischen Ski und Schnee für alle diese Bereiche bedeutend. Es wäre dumm, wenn jeder seine eigene Entwicklung verfolgte." Breitschädel ist seit 2007 dabei, damals hieß das Projekt in Hinblick auf Olympia in Vancouver "Ski 2010", dann folgte – "namensmäßig sehr kreativ – Ski 2014, 2018 und so weiter, jetzt sind wir bei 2026. Meine Aufgabe ist eher längerfristig."

Was zählt

In den mächtigen Materialtrucks der Nordischen aus Norwegen gehe es für die Materialbetreuer immer um die nächsten vier Stunden. "Da geht es darum, wie wir heute erfolgreich sein können", sagt Breitschädel, der eine Woche in Planica war – weniger der Entwicklungsarbeit, sondern der Atmosphäre wegen. "Ich bin Teil des Teams, für mich ist es wichtig, die gleiche Sprache mit den Leuten im Truck zu sprechen. Du musst im Milieu, in der Gruppe integriert sein. Wenn du als österreichischer Forscher, noch dazu als Nichtlangläufer, nach Norwegen kommst und denen etwas übers Langlaufen erzählen willst, ist das, wie wenn ein Nichtskifahrer zum ÖSV nach Österreich kommt und sagt, sie sollen ihre Riesentorlauftechnik umstellen. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich akzeptiert wurde."

Die Erfolge haben zweifellos geholfen. Und der Ruf von Breitschädels Abteilung wirkt über den Wintersport hinaus. Ihre Analysen sind im Rudern, Schwimmen oder auch in der Leichtathletik gefragt. Karsten Warholm, Olympiasieger und Weltrekordler über 400 Meter Hürden, wird etwa regelmäßig vorstellig. Olympiatoppen, sagt Breitschädel, funktioniere da wie eine Unternehmensberatung, "wir sind Konsulenten für die unterschiedlichen Fachverbände, die zu uns zum Shoppen kommen, wissen wollen, wie ein Höhentraining zu planen ist, wie die Wärmeakklimatisierung am besten gelingt, wie Ausrüstungsprojekte umgesetzt werden können. Für uns ist es im Prinzip egal, ob wir mit der einen oder der anderen Sportart zusammenarbeiten."

Zwei Seiten der Krone

Die Mittel würden sehr gezielt eingesetzt, sagt Breitschädel, "da wird jede Krone zweimal umgedreht". Geld sei anderswo auch genug vorhanden, "aber es gibt im Spitzensport kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander. Ich kann mich nicht über andere Nationen äußern, aber unsere Stärke ist, dass alle gut zusammenarbeiten." Freilich meint Breitschädel, der Henndorfer, mit "uns" Norwegen. (Sigi Lützow aus Planica, 2.3.2023)