Nehammer und Premier Akhannouch (Mitte li. und re.) in Marrakesch. Österreich und Marokko unterhalten seit den Zeiten von Kaiser Joseph II. vor 240 Jahren Beziehungen.

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Rabat/Wien – Die Reisetätigkeit von Bundeskanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) in Sachen Migrationsverringerung ist beachtlich. Heuer ging es erst nach Bulgarien, zum Grenzzaun Richtung Türkei, dann nach Griechenland, wo Nehammer und Karner an einer Innenministerkonferenz zum Außengrenzschutz teilnahmen.

Am Dienstag nun unterzeichneten Nehammer und der marokkanische Premierminister Aziz Akhannouch in Marrakesch eine Gemeinsame Erklärung. Ziel ist, dass sich künftig weniger marokkanische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger als derzeit auf den Weg nach Österreich machen. Laut dem Papier verpflichten sich Marokko und Österreich wechselseitig zu politischer und technischer Kooperation. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe wurde gebildet, sie soll konkrete Maßnahmen umsetzen.

Österreichs Interesse

Aus österreichischer Sicht prioritär sind dabei rasche Rückführungen aus Österreich. Bis dato gibt es kein Rückführungsabkommen mit Marokko – und daher auch keine Abschiebungen dorthin. Laut einem Sprecher Karners bestehen derzeit mit 22 Staaten ähnliche bilaterale Abkommen wie jetzt mit Marokko. Vier davon würden von Vereinbarungen überlagert, die die Europäische Union insgesamt getroffen hat. Rückübernahmeabkommen und andere EU-Vereinbarungen im Bereich Rückkehr würden mit 23 Staaten bestehen.

Österreich habe ein besonderes Interesse an einem Migrationsabkommen mit Marokko, sagte der Sprecher. Tatsächlich ist der Anteil der Asylantragstellenden aus diesem Staat hierzulande mit 40 Prozent höher als im EU-Durchschnitt, wo er zwei Prozent beträgt.

1300 Asylanträge von Marokkanern im Jänner

Im heurigen Jänner etwa haben rund 1300 Menschen aus der nordafrikanischen Monarchie in Österreich um Schutz ersucht. Das waren 28 Prozent aller Asylanträge in diesem Monat – und im Vergleich der Herkunftsländer vor Syrien und Afghanistan am meisten. Die meisten Marokkaner würden jedoch weiterreisen, sagt Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination unter Hinweis auf die Grundversorgungszahlen. Ende Dezember 2022 seien dort nur 498 Personen aus Marokko untergebracht gewesen.

Der Weg der marokkanischen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen nach Österreich, ohne ein Visum für die Einreise zu haben, weist dabei Ähnlichkeiten mit den Routen auf, die indische und tunesische Staatsbürger vergangenes Jahr beschritten haben. Letztere buchten einen Flug nach Serbien, das sie visumsfrei einreisen ließ, und schlugen sich daraufhin nach Österreich durch.

Visumsfrei in die Türkei

Nicht über Serbien, aber über die Türkei, die von ihnen kein Visum verlangt, reisen die Marokkanerinnen und Marokkaner nach Europa. Über Bulgarien, Serbien und Ungarn gelangen sie weiter nach Österreich. Die Schlepper würden von ihnen dafür zwischen 6000 und 12.000 Euro verlangen, heißt es im Innenministerium. (Irene Brickner, 1.3.2023)